4. Tag der Qualitätsinitiative: Arzneimitteltherapiesicherheit in der Praxis

4. Tag der Qualitätsinitiative: Arzneimitteltherapiesicherheit in der Praxis

Der diesjährige 4. Tag der Qualitätsinitiative Anfang September in Hannover griff das wichtige Thema der Arzneimittelsicherheit auf.

Aus der Sicht des Hausarztes referierte Privatdozent Dr. med. Guido Schmiemann über „Unerwünschte Nebenwirkungen – Arzneimitteltherapiesicherheit in der Praxis“.

Wie bedeutend diese Problematik ist, untermauerte unter anderem der Hinweis des Referenten, dass für fünf bis zwölf Prozent aller Krankenhauseinweisungen unerwünschte Arzneimittelwirkungen (ADR, also Adverse Drug Reactions) verantwortlich sind. Jens Wagenknecht, Vorsitzender des Vereins „Qualitätsinitiative“, Mitglied des Ärztekammer-Vorstands und selbst niedergelassener Allgemeinmediziner in Varel, bestätigte Schmiemanns Beobachtung: „In einem Heim werden Medikamente zum Beispiel auch dann gegeben, wenn es einem Patienten schlecht geht“, sagte Wagenknecht, „zu Hause würde der Patient das Medikament wahrscheinlich erstmal weglassen.“ Schmiemann riet deshalb vor allem zu Skepsis bei unerwarteten Stürzen: „Ist ein Medikament die Ursache?“

Die Abstimmung von Medikationsplan und tatsächlicher Einnahme bringt Sicherheit

Um Fehler bei der Arzneimitteltherapie zu vermeiden, empfahl der Referent, der zugleich als stellvertretender Abteilungsleiter in der Abteilung Versorgungsforschung am Institut für Public Health der Universität Bremen tätig ist, den Einsatz eines Medikationsplans. Dabei sei es wichtig, mit offenen Fragen wie „Erzählen Sie mir von Ihren Medikamenten“ oder „Nehmen Sie noch weitere Präparate ein?“, eine größtmögliche Übereinstimmung zwischen Medikationsplan und tatsächlicher Einnahme zu erzielen. Denn für 20 Prozent der arzneimittelbezogenen Probleme sei die Selbstmedikation der Patienten verantwortlich, also die Over-the-counter drugs oder auch OTC-Arzneimittel.

Aus der Sicht des Hausarztes referierte Privatdozent Dr. med. Guido Schmiemann beim Tag der Qualitätsinitiative über „Unerwünschte Nebenwirkungen – Arzneimitteltherapiesicherheit in der Praxis“. (Foto: I. Wünnenberg).
PD Dr. med. Guido Schmiemann (Foto: I. Wünnenberg).

„Keine Behandlung von Nebenwirkungen mit neuen Medikamenten.“

Als weitere Fehlerquelle führte Schmiemann die Wiederholungsrezepte an: Sie würden bisweilen ohne ärztliche Kontrolle ausgestellt – teilweise sogar ohne die nötigen Laborkontrollen. Dabei werde vergessen zu prüfen, ob das Medikament noch indiziert sei, kritisierte der Allgemeinmediziner. Außerdem könnten sich Fehler in die Medikation einschleichen: „Der Patient nimmt zu viel oder zu wenig.“ Deshalb seien regelmäßige Reviews der Medikation so wichtig, betonte Schmiemann. Und schärfte seinen Zuhörern am Ende neben dem Rat, sich mit den anderen an der Patientenversorgung beteiligten Berufsgruppen auszutauschen, noch eine wichtige Botschaft ein: „Keine Behandlung von Nebenwirkungen mit neuen Medikamenten“.

Studie zur Reduktion von Medikamenten – vor allem Neuroleptika – bei Heimbewohnern

An die Thematik des Vorredners schloss sich nahtlos das Referat von Dr. med. Olaf Krause vom Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover an. Krause legte den Fokus auf „Arzneimitteltherapiesicherheit bei Heimbewohnern“ und stellte die HIOPP-3 Studie (Haus-ärztliche Initiative zur Optimierung der Patientensicherheit bei Polypharmazie) vor. Ziel des Projekts, das im Mai 2017 mit Unterstützung des gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) startete, ist die Reduktion von Medikamenten bei Heimbewohnern – vor allem von Neuroleptika.

Dazu nehmen 787 Patientinnen und Patienten aus 32 verschiedenen deutschen Heimen an einer Cluster-randomisierten Interventionsstudie teil. Die Besonderheit des Set-tings sei, berichtete Krause, dass die Heime inklusive des betreuenden Apothekers und des behandelnden Hausarztes rekrutiert worden seien. Denn Ausgangspunkt der HIOPP-3-Studie sei die Tatsache, dass Heimbewohner oft viele Medikamente und darunter sowohl sogenannte potentiell inadäquate Medikamente (PIM) als auch Neuroleptika erhielten. Neuroleptika und PIM stehen Krause zufolge allerdings in dem Ruf, bei Heimbewohnern gehäuft zu Stürzen und Krankenhauseinweisungen zu führen. Den im Rahmen der Studie vorgesehenen Optimierungsvorschlag beschrieb Krause als Medikamentenreview des heimversorgenden Apothekers, der dem zuständigen Hausarzt vorgelegt werde. Am Ende stehe gegebenenfalls die Einleitung von Maßnahmen durch den Hausarzt.

Dr. med. Olaf Krause vom Institut für Allgemeinmedizin der Medizinischen Hochschule Hannover stellte
die HIOPP-3 Studie (Hausärztliche Initiative zur Optimierung der Patientensicherheit bei Polypharmazie) vor. (Foto: I. Wünnenberg).
Dr. med. Olaf Krause (Foto: I. Wünnenberg).

Text: I. Wünnenberg