Die Mitgliederversammlung der Qualitätsinitiative e. V. findet im diesem Jahr in hybrider Form am
statt. Sie können vor Ort in Hannover teilnehmen oder sich virtuell dazuschalten.
Bitte informieren Sie uns bis spätestens 15. November 2024 über Ihre Teilnahme.
Wir benötigen Ihre Rückmeldung zwingend, um Ihnen die Zugangsdaten für Ihre digitale Teilnahme zusenden zu können. Die Mitgliederversammlung wird in hybrider Form durchgeführt. Abstimmungen erfolgen durch Handzeichen, die auch bei Teilnahme durch Videokonferenz abgegeben werden können.
Wir senden Ihnen eine Woche vor der Mitgliederversammlung alle nötigen Informationen an die hinterlegte E-Mail-Adresse.
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung!
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute spricht Dr. Monika Övermöhle (UCB Pharma GmbH) mit Sabrina Jacob über das Thema “Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)”
Sabrina Jacob leitet seit dem 1. März 2022 die Landesvertretung der Techniker Krankenkasse in Bremen und seit Dezember 2023 kommissarisch die TK-Landesvertretung Niedersachsen. In ihrer Tätigkeit verantwortet sie neben der gesundheitspolitischen Arbeit die Vertragsbeziehungen zu den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Krankenhäusern, Pflegediensten und anderen Leistungserbringern. Ein weiterer Schwerpunkt der TK-Landesvertretung ist die landesweite Medienarbeit. Die 43-jährige Krankenkassenbetriebswirtin verfügt über langjährige Erfahrungen in der Gesundheitsbranche. Nach der Ausbildung bei der IKK Bremen und Bremerhaven wechselte sie 2002 zur BKK Airbus. Seit 2005 bei der TK in unterschiedlichen Bereichen beschäftigt, verantwortete sie ab 2012 den Bereich Gesundheitswesen der TK-Landesvertretung in Kiel. 2020 leitete sie das Dialog- und Contentmarketing-Team in der Unternehmenszentrale. |
Sabrina Jacob:
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) gehören seit Oktober 2020 zur Gesundheitsversorgung der gesetzlichen Krankenversicherung und bieten unserer Ansicht nach ein großes Potenzial für unsere Versicherten.
Die Apps auf Rezept sollen zu einer Verbesserung der Gesundheitsversorgung beitragen, indem sie beispielsweise langfristige Verhaltensänderungen unterstützen oder eine engmaschige Begleitung einer Erkrankung möglich machen. Insbesondere für Menschen mit chronischen Erkrankungen, kann dies zu einer besseren Einhaltung der Therapieziele im Rahmen des Behandlungsprozesses führen.
Darüber hinaus können DiGA die Versorgungssituation künftig mit weiteren Ansätzen verbessern: Sie können Schmerzmedikation zum Beispiel durch regelmäßige Übungen verringern oder Medikationen gänzlich ersetzen, wenn die Anwendung für eine Erkrankung einen nachgewiesenen, vergleichbaren Effekt erzielt. Automatisch erzeugte Fortschrittsberichte einer DiGA oder durch die Nutzerinnen und Nutzer erhobene Daten über den Therapieerfolg ermöglichen auch behandelnden Ärztinnen und Ärzten einfachere Verlaufskontrollen und Bewertungen des Behandlungsfortschritts. Sie bilden somit einen wichtigen Baustein in einer modernen Kommunikation zwischen Arzt bzw. Ärztin und Patient bzw. Patientin. Sie stärken zudem die Gesundheitskompetenz, indem Patientinnen und Patienten selbst über relevante Daten verfügen, sie einsehen und mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin teilen können.
Patientinnen und Patienten können mit Hilfe von DiGA also Krankheiten erkennen, überwachen oder behandeln und bieten zudem ein großes Innovationspotenzial. So richtig angekommen in der Versorgung sind sie jedoch bisher nicht.
Sabrina Jacob:
Apps auf Rezept sind für die Patientinnen und Patienten ein wichtiger Schritt in der Digitalisierung. Bis Ende 2023 wurden 12.128 Freischaltcodes der 957.000 TK-Versicherten in Niedersachsen eingelöst, mit denen sie DiGA nutzen können. Innerhalb der letzten zwölf Monate hat sich bundesweit (11,1 Millionen Versicherte) die absolute Zahl der bei der TK eingelösten Freischaltcodes von rund 76.000 auf 147.000 nahezu verdoppelt. Bei der Ausgestaltung dieses Versorgungsbereichs sehen wir allerdings weiterhin Optimierungsbedarf. Es gelingt nicht allen DiGA-Herstellern den Nutzen für ihre Anwendung nachzuweisen. Im ersten Jahr können DiGA vorläufig zugelassen werden, ohne dass sie ihren therapeutischen Nutzen nachweisen müssen. Dieses schnellere „Fast-Track-Verfahren“ zur Zulassung nutzen inzwischen 80 Prozent der DiGA-Anbieter. Zwei Drittel der bisher erhältlichen Apps konnten ihre Wirksamkeit innerhalb des ersten Jahres jedoch nicht nachweisen. Einigen Herstellern gelang dies auch nicht während der verlängerten Erprobungsphase.
Sabrina Jacob:
Damit DiGA tatsächlich im Versorgungsalltag ankommen, braucht es mehr Informationen zu den Möglichkeiten der Apps auf Rezept für die Patientinnen und Patienten, aber auch für Ärztinnen und Ärzte.
Die TK hat daher gemeinsam mit dem Forschungsinstitut Vandage und der Universität Bielefeld in diesem Jahr den zweiten DiGA-Report veröffentlicht. Darin ziehen wir ein ausführliches Resümee, inwiefern die Digitalen Gesundheitsanwendungen im Gesundheitssystem angekommen sind und an welchen Stellschrauben noch gedreht werden muss, damit die Apps auf Rezept zukünftig besser in die Versorgung integriert werden können.
Sabrina Jacob:
Wir beobachten, dass die Kosten für DiGA kontinuierlich ansteigen. Während der Durchschnittspreis für eine DiGA im Jahr 2020 noch bei 418 Euro lag, waren es 2023 bereits 628 Euro. Problematisch ist, dass Hersteller im ersten Erstattungsjahr die Preise frei festlegen können. Dies führt dazu, dass die Versichertengemeinschaft für Anwendungen zahlt, deren Nutzen nicht ausreichend nachgewiesen ist. Zwar können die Kassen zurückfordern, was überhöht gezahlt wurde, jedoch bleiben sie im Falle von Insolvenzen auf einem Teil der Rückforderungen sitzen. Allein die offenen Rückzahlungen aufgrund von Insolvenzen belaufen sich mittlerweile auf 2,6 Millionen Euro zulasten der TK.
Sabrina Jacob:
Insbesondere im Hinblick auf die Kostenentwicklung müssen Evidenzlücken durch anwendungsbegleitete Studien vor Markteintritt geschlossen werden. Nur so ist es auch möglich, den tatsächlichen Preis einer DiGA abschätzen zu können. Der Preis kann an die Erkenntnisse der Studienergebnisse gekoppelt werden und die Hersteller können bei höherer Evidenz auch einen höheren Preis veranschlagen.
Beim Studiendesign sollte die Anzahl der DiGA-Nutzerinnen und -nutzer ausreichend hoch sein, da zu niedrige Zahlen die Aussagekraft der Studienergebnisse einschränken. Es ist daher wichtig, dass die Anbieter in regelmäßigen Abständen neue Studiendaten vorlegen, um ein konstantes Qualitätsmonitoring der DiGA zu gewährleisten.
Sabrina Jacob:
Dadurch, dass die DiGA-Hersteller ihren Preis im ersten Jahr frei festsetzen können, zeigen sich Preisspannen zwischen 119 bis 2.077,40 Euro für einen Anwendungszeitraum von (in der Regel) 90 Tagen. Durch die steigenden Herstellerpreise entsteht ein Kostenrisiko für die Gesetzlichen Krankenversicherungen und die Beitragszahlenden. Angesichts dessen muss die Preisgestaltung überarbeitet werden. Unserer Ansicht nach müssen sich die DIGA-Preise an den Preisen analoger Therapien orientieren und dann abhängig davon, ob ein Nutzennachweis vorliegt, Zu- und Abschläge gewähren. Nach Ablauf eines Jahres sollte es vorläufige Preise geben, die sich an den verhandelten Preisen orientieren, um erhöhte Rückzahlungsansprüche und finanziellen Schaden der GKV zu vermeiden.
Sabrina Jacob:
Es gibt zwei Wege, um eine DiGA nutzen zu können: Entweder über eine ärztliche Verordnung oder durch eine Anfrage direkt bei der TK. Etwa 80 Prozent der Verordnungen erfolgen über den behandelnden Arzt beziehungsweise die behandelnde Ärztin und 20 Prozent durch eine Anfrage der Versicherten bei der Kasse.
Sabrina Jacob:
Nein, wir erhalten zudem nicht einmal Kenntnis darüber, ob die Patientinnen und Patienten die verschriebenen Apps überhaupt regelmäßig nutzen oder nur einmalig aufrufen. Uns als Krankenkasse entstehen immer die vollen Kosten der DiGA. Es ist eine regulatorische Anpassung erforderlich, dass die tatsächliche Nutzung von den DIGA-Herstellern nachgewiesen werden muss. Die Versichertengemeinschaft sollte nur für Anwendungen zahlen, die auch tatsächlich von Patientinnen und Patienten genutzt wurden.
Das Interview wurde am 23.08.2024 geführt.
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Die Betreuungsnetz schwerkranker Kinder UG(h) ist Trägerin der spezialisierten ambulanten
Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche in Niedersachsen (SAPV-KJ) und organisiert und
koordiniert diese Versorgungsleistung seit nunmehr 13 Jahren in Niedersachsen.
Die SAPV-KJ wird durch multiprofessionelle Versorgungsteams erbracht, die sich aus
medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Fachkräften zusammensetzen. Das
übergeordnete Ziel der SAPV-KJ ist es, die Lebensqualität schwerkranker Kinder und
Jugendlicher bestmöglich zu erhalten und ihr Leid zu lindern. Dabei sollen
Krankenhausaufenthalte weitestgehend vermieden werden, um den jungen Patientinnen und
Patienten ein sicheres und stabiles Umfeld in einer vertrauten Umgebung im Kreis ihrer Familien
zu ermöglichen.
Das spannende Programm zu der Veranstaltung am 6. und 7. Juni 2024 in Hannover finden Sie hier:
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute hat sich Dr. rer. nat. Monika Övermöhle (UCB Pharma GmbH) mit Heike Sander über das Thema “Versorgungslücke in der Adipositas-Versorgung?” ausgetauscht.
Heike Sander ist Krankenkassenbetriebswirtin und Landesgeschäftsführerin der BARMER in der Landesvertretung Niedersachsen/Bremen. Sie ist seit über 40 Jahren in verschiedenen Krankenkassensystemen, Bundesländern und Aufgabenstellungen in der gesetzlichen Krankenversicherung aktiv. |
Heike Sander:
Die Versorgung von Menschen mit Adipositas zeigt sich durch diverse Risikofaktoren und vielschichtige Hintergründe als sehr komplex. Viele Betroffene erleben Stigmatisierung und zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Bei der Entstehung der Adipositas spielen häufig mehrere Risikofaktoren eine Rolle. Dazu gehören unter anderem das Überangebot an hochkalorischen Nahrungsmitteln, Übergewicht in der Familie, Bewegungsmangel, Schlafmangel, Stress, Nebenwirkungen von Medikamenten sowie Essstörungen. Dies hat auch der G-BA am 16. November letzten Jahres in seinem Beschluss zum Disease-Management-Programm (DMP) berücksichtigt und für das DMP-Adipositas einen multimodalen Behandlungsansatz aus Ernährungs-, Bewegungs- und Verhaltenstherapie gewählt. Teil der Richtlinie ist zudem eine standardisierte Diagnostik und Behandlung von Komorbiditäten. Wir als BARMER begrüßen diesen erweiterten Ansatz.
Der aktuelle BARMER-Arztreport zeigt, dass rund 22.000 Kinder im Alter bis zu neun Jahren im Jahr 2022 in Niedersachsen an Adipositas erkrankt waren. Die BARMER weckt deshalb seit 2015 gemeinsam mit der Sarah Wiener Stiftung durch die Initiative ‚Ich kann kochen!‘ das Interesse von Kindern am Umgang mit frischen Lebensmitteln. Bis zum Jahr 2026 sollen bundesweit insgesamt sogenannte 40.000 Genussbotschafterinnen und Genussbotschafter an der Initiative teilnehmen. Bisher hat die Initiative mehr als 29.000 Fachkräfte in ganz Deutschland entsprechend fortgebildet.
Unser Ziel ist es, möglichst viele Kinder für gesundes Essen zu begeistern. Dafür freuen wir uns auf noch mehr Fachkräfte und Einrichtungen, die mithelfen, dass Kinder gesund ins Leben starten.“
Das Statement wurde am 24.04.2024 gegeben.
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Die Qualitätsinitiative e. V. ist ab sofort unter einer neuen Adresse sowie Telefon- und Faxnummer erreichbar:
Qualitätsinitiative – Niedersächsischer Verein zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen e. V.
Geschäftsstelle
c/o Ärztekammer Niedersachsen
Berliner Allee 20, 30175 Hannover
Telefon: 0511 3802 2002 Fax: 0511 3802 2099
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute spricht Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH) mit Prof’in. Dr. Martina de Zwaan über das Thema “Versorgungslücke in der Adipositas-Versorgung?”
Prof’in. Dr. med. Martina de Zwaan ist seit 2011 Direktorin der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie an der Medizinischen Hochschule Hannover. Sie hat in Wien Medizin studiert ist und die Facharztweiterbildungen für Psychosomatik und für Psychiatrie absolviert. Sie hat eine Weiterbildung in kognitiver und Verhaltenstherapie. Sie hat sich im Rahmen von 2 Forschungsaufenthalten in den USA wissenschaftlich vor allem mit Essstörungen und Adipositas beschäftigt. Sie war Gründungsmitglied und erste Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen (DGESS) und ist past Präsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG). Aktuell ist sie mitverantwortlich für Revision der Leitlinie zu „Diagnostik und Therapie der Adipositas“. |
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
In der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG) gibt es die Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes- und Jugendalter (AGA), die sich mit der Adipositas-Thematik bei Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Es ist wichtig, schon sehr früh mit Präventions- und Behandlungsmaßnahmen zu beginnen. Es ist lange bekannt, dass dicke Kinder zu dicken Erwachsenen werden. Dies gilt es zu durchbrechen, denn man weiß auch, dass sehr stark übergewichtige Kinder und Jugendliche später nicht nur gesundheitliche Probleme bekommen, sondern auch immense Nachteile in der Schule, am Arbeitsplatz und in der Partnerschaft erfahren. Hier wächst eine sogenannte „lost Generation“ heran, um die wir uns besonders kümmern und das ganze Sozialsystem mit in die Therapie einbeziehen müssen. Hier nützt es nichts, nur Anhörungsunterricht in Schulen oder Kindergärten zu machen, wenn die Eltern das nicht mittragen. Alle müssen mitgenommen werden. Auch im DMP-Entwurf kommen diese jungen Patienten noch nicht vor, hierzu gibt es zwar Gespräche aber angekommen ist die Problematik noch lange nicht.
Mit älteren Patienten, die schon länger unter Adipositas leiden ist es schwieriger, da meist schon zahlreihe Komorbiditäten vorliegen. Diese Gruppe hat einen hohen Leidensdruck auf Grund ihrer Multimorbidität und verursacht dadurch auch hohe Kosten für das Gesundheitssystem. Umso wichtiger ist es Menschen mit Adipositas frühzeitig zu behandeln.
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
Eine leiliniengerechte und bedarfsorientierte Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Adipositas existiert derzeit in Deutschland nicht. Aktuell erhält nur ein Bruchteil der Betroffenen eine Versorgung gemäß medizinisch-wissenschaftlicher Leitlinien und das, obwohl Adipositas schon lange als chronische Erkrankung anerkannt ist. Gerade sozial schwache Schichten mit geringerem Gesundheitsbewusstsein und Gesundheits-kompetenz werden nicht oder nur schwer erreicht. Essen hat für viele eine große Bedeutung, nicht nur um satt zu werden, sondern auch für das soziale Miteinander oder zur Regulation negativer Emotionen. Diese verhaltensbezogenen Faktoren sind sowohl im Kontext soziokultureller Rahmenbedingungen als auch auf dem Hintergrund der individuellen Sozialisation (individuelle Lerngeschichte) zu verstehen. Diese Faktoren können große Hürden für eine Gewichtsabnahme darstellen. Diese Hindernisse müssen auch durch Verhältnisprävention abgebaut werden. Politische Maßnahmen wie Zucker- und Fettreduktionsstrategien bei Lebensmitteln sind gefordert. Die Einführung des Nutri-Scores war ein erster Schritt, der allerdings ausgebaut werden muss. Vergleiche innerhalb von Produktgruppen, also welche Pizza hat im Vergleich zur anderen einen besseren Score hat, sind zum Teil irreführend. Ein Werbeverbot für Lebensmittel das speziell auf Kinder abzielt wäre zum Beispiel auch wünschenswert. Die Lebensmittelindustrie ist mächtig und es ist schwer hier etwas zu bewegen, die Politik setzt hier zu sehr auf Eigenverantwortung bei Konsumenten und Industrie.
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
Meines Erachtens ist Adipositas weder in der Politik noch bei Ärztinnen und Ärzten noch in der Gesellschaft als Krankheit ausreichend angekommen.
Der Blick auf Menschen mit Adipositas muss sich ändern, Schuldzuweisungen bringen nichts und sind auch fehl am Platz. Je höher der BMI, desto schwieriger ist es für die Betroffenen, ein gesundes Körpergewicht zu erreichen und dieses auch dauerhaft zu halten Multiple Faktoren wie adipogene Lebens- und Umweltbedingungen, genetische Veranlagung, neuroendokrine Prozesse und auch psychische Faktoren beeinflussen das Gewicht. Selbst bei Behandlern fehlt zum Teil die Akzeptanz und die Frustration ist groß, denn bislang fehlt hierfür oftmals das Handwerkszeug. Patienten zu einem anderen Lebensstil zu bewegen ist auch müßig. Die naive Vorstellung, dass hier ein paar Beratungstermine ausreichen um nachhaltige Erfolge zu erzielen ist leider noch weit verbreitet. Aber wenn das Thema immer mehr in den Fokus rückt wird sich hoffentlich auch die Einstellung zur Adipositas und deren Behandlung langsam ändern. Auch Ärztinnen und Ärzte müssen aus diesem frustrierten Nichtstun herausgeholt werden und als Therapeuten motivieren und auch Rückfälle anerkennen. Durch mehr Unterstützung und Finanzierung der Behandlung von Adipositas, mit Behandlungsstrategien und neuen Medikamenten bekommen Ärztinnen und Ärzte hoffentlich wieder eine neue Perspektive. Wichtig ist es, auch Rückschläge in der Behandlung als normal zu akzeptieren, denn es gibt immer Situationen im Leben, die von der Einhaltung von Therapien ablenken.
Dazu hat die DAG gemeinsam mit der DDG, aus aktuellem Anlass, eine Weiterbildung entwickelt. Denn wir hoffen, dass die Richtlinie zum DMP Adipositas noch in diesem Jahr finalisiert wird. Mit der Weiterbildungsmaßnahme sollen Arztinnen und Ärzte motiviert und mit Wissen über alle Therapie-Bausteine wie Ernährung, Bewegung, Psychologie und medikamentöse Therapie ausgestattet werden, um Patienten effektiv zu behandeln. Der erste Kurs zum Adiposiologen bzw. zur Adiposiologin startet im Herbst in Hamburg und ich würde mich freuen, auch in Hannover zeitnah einen Kurs anbieten zu können.
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
Das ist schwer abzuschätzen, ich habe große Sorge, dass das DMP Adipositas das gleiche Schicksal erleidet wie einige andere DMPs vorher auch schon, es nicht umgesetzt wird und ein Papiertiger bleibt. Ich hoffe, dass es irgendwann ein Erfolgsmodell wird, so wie das DMP Diabetes. Dann hätten wir auch endlich mehr Einblick, Daten und Zahlen zu Adipositas und auch zu den Komorbiditäten. Der Weg dahin ist steinig und die inhaltliche Ausgestaltung mit all den Bausteinen für eine ideale Adipositastherapie geht leider schleppend voran.
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
Was ich als Österreicherin interessant finde ist, dass es viele einzelne hochengagierte Projekte gibt, die sich unendlich bemühen Versorgungsstrukturen zu verbessern. Ein solches Engagement von unterschiedlichen Berufsgruppen ist für mich ein deutsches Phänomen. Es gibt und gab auch immer wieder Projekte, die über unterschiedliche Geldgeber gefördert wurden, zum Beispiel ACHT als Nachsorgeprogramm zur strukturierten, sektorenübergreifenden Versorgung nach bariatrisch-metabolischer Operationen, durch den Innovationsfonds. Auch lokale Aktivitäten wurden auf Grund des hohen Bedarfs entwickelt, wie früher in der MHH das intensive Adipositas-Programm „Leichter durchs Leben“ zusammen mit Kollegeninnen und Kollegen aus den Bereichen Ernährung, Bewegung und mit psychologischer Betreuung. Ein anderes Beispiel ist DOC WEIGHT® als anerkanntes und zumindest anteilig finanziertes Schulungsprogramm zur Therapie der höhergradigen Adipositas (BMI > 35). Das ist alles gut gemeint, aber diese isolierten Maßnahmen reichen leider nicht aus. In der Region Hannover haben wir es zumindest schon mal geschafft alle Beteiligten aus dem Gesundheitssystem in einem Adipositas Netzwerk an einen Tisch zu bringen.
Prof’in. Dr. Martina de Zwaan:
Was mir vorschwebt ist ein interdisziplinäres Netzwerk mit allen Stakeholdern. Ein enges klares Therapieangebot, am besten unter einem Dach, Hand in Hand zusammenarbeitend. Hier würden Patientinnen und Patienten bei der Behandlung auch über die unterschiedlichen Disziplinen hinaus nicht verloren gehen, sich besser betreut und mitgenommen fühlen.
Wir brauchen einen Plan, wie die aktuell mangelhafte Vernetzung einzelner Leistungserbringer verbessert werden soll. Einzelne Therapiebausteine in Isolation anzubieten widerspricht dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung nach Interdisziplinarität und Vernetzung und würde dem komplexen Krankheitsbild Adipositas nicht gerecht werden. Wie sollen die Leitungserbringer miteinander kommunizieren, um Informationsverlust zu vermeiden, die Therapiebausteine aufeinander abzustimmen und den optimalen Therapieplan für die Patienten zu erstellen.
Die Politik sollte bei der Prävention forscher vorangehen und Ansätze wie die zur Schulverpflegung und flächendeckenden DGE-Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) konsequenter ausweiten. Was ich mir auch wünsche ist, mehr Mut und verpflichtende Umsetzung der DMPs.
Zusammenfassend würde ich sagen, dass sich das Bewusstsein für Adipositas zunehmend durchsetzt und immer mehr Menschen es als Krankheit anerkennen, beziehungsweise zumindest akzeptieren. Das Wissen, dass Erkrankte nicht allein dafür verantwortlich sind und es nicht einfach ist Gewicht zu verlieren und dauerhaft zu halten setzt sich zunehmend durch. Adipositas ist eine chronische Erkrankung, das bedeutet, sie ist nicht heilbar, aber mit einer lebenslangen Therapie kontrollierbar. Immer mehr Menschen erkennen, dass die Verantwortung nicht allein bei den Menschen mit Adipositas selbst gesehen werden kann. Ob sie es dann als chronische Erkrankung anerkennen oder nicht ist mir da nicht mehr so wichtig, Die Erkenntnis, dass Menschen langdauernde Unterstützung brauchen, wiegt da viel schwerer.
Das Interview wurde am 01.08.2023 geführt.
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Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute sprechen Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH), Dr. rer. nat. Monika Övermöhle (UCB Pharma GmbH) und Dr. Şevket Turgut M.A. (AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG) mit Michael Wirtz über das Thema “Versorgungslücke in der Adipositas-Versorgung?”
Michael Wirtz, Jahrgang 1971, wohnhaft in Winsen / Luhe, ist seit Gründung der AdipositasHilfe Deutschland e.V. in 2013 als Vorstandsmitglied aktiv. In der Selbsthilfe ist er bereits 20 Jahre aktiv. Seit 2021 ist er Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss. Er ist weiterhin in zahlreichen indikationsübergreifenden Projekten und Initiativen aktiv und beschäftigt sich intensiv mit gesundheitspolitischen Themen. Neben diesem ehrenamtlichen Engagement geht er noch einer Vollzeitbeschäftigung als Bau-/Projektleiter nach. |
Michael Wirtz:
Prinzipiell findet die Behandlung der Adipositas im niedergelassenen Bereich so gut wie gar nicht statt. Damit meine ich die Grundversorgung im Bereich der Hausärzte. Das hängt damit zusammen, dass es dafür keine Vergütung gibt. Es gibt im Moment keine Leistung im Leistungskatalog, die in irgendeiner Form auf das Thema Adipositas gemünzt ist. Alles andere läuft in der Regel über die Reha-Verordnung nach § 43 SGB V, der Ernährungs-Therapie. Dieses Wissen ist bei den Allgemeinmedizinern vielleicht vorhanden, bei vielen wird es aber praktisch nicht angewendet. Und das ist das Problem. Und wenn wir ein Stück weiter gehen, dann haben wir natürlich bei der Behandlung von Menschen mit Adipositas große Probleme, zum Beispiel im gynäkologischen Bereich oder bei Zahnärzten. Dahingehend, dass die Behandlungsstühle oft von der Tragfähigkeit nicht ausreichend sind. Wir haben Probleme überall da, wo Behandlungsstühle und Liegen beispielsweise ein Gewicht von mehr als 130 Kilogramm tragen müssen, wie in der Chirurgie oder beim MRT, welches in der Regel nur auf 130 Kilogramm zugelassen ist. Viele Menschen mit Adipositas brauchen daher ein offenes MRT. Einige müssen dafür extra einen Antrag bei der Krankenkasse stellen, obwohl sie nachweislich mehr als 130 Kilogramm wiegen.
Michael Wirtz:
Was wir häufig erleben und immer wieder berichtet bekommen ist, dass Ärzte unabhängig vom Krankheitsbild die Erkrankung auf das Gewicht reduzieren. Häufig kommt die Aussage „Sie müssen erst einmal abnehmen“. Es gibt dann aber keine Hilfestellung, wie man abnehmen kann. Im Umkehrschluss geht man aber in der Medizin häufig hin und behandelt nur das Ergebnis. Wie zum Beispiel beim Diabetes, bei der Hypertonie oder sonstige Indikationen, wo man quasi nur versucht, die aktuellen Symptome zu lindern. Bei Adipositas gibt es keine Leistungen im GKV-Abrechnungssystem, die eine kausale Behandlung honoriert. Lediglich die chirurgische Therapie ist in der Kostenerstattung. Es ist eine Katastrophe: Inzwischen gibt es gute medikamentöse Therapieoptionen für Menschen mit Adipositas, die allerdings aufgrund des „Lifestyle-Paragraphen“ nur eingeschränkt zugänglich sind. Denn Arzneimittel sind nach § 34 SGB V von der Versorgung für Adipositas ausgeschlossen. Dies muss dringend geändert werden. Am Ende muss es für die Adipositas Behandlung, für eine definierte Patientengruppe, eine Ausnahmegenehmigung geben, damit ein Großteil der Betroffenen nicht von einer Therapie ausgeschlossen wird. Denn es gibt neuerdings durchaus gute medikamentöse Therapieoptionen. Trotzdem darf die konservative Therapie mit Lebensstiländerung nicht vergessen werden und darüber hinaus ist für die Adipositas-Diagnose E66 keine psychotherapeutische Begleitung vorgesehen. Dies alles ist meiner Meinung aber sehr wichtig.
Ein anderes Beispiel wäre die Magen-Bypass-Operation. Die Probleme hören für den Patienten durch die Operation und den damit verbundenen Gewichtsverlust ja nicht auf. Die gesamte Lebenssituation ändert sich: der Lebensstil, die Bewegung, die Ernährung, die Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung deiner Umwelt. Probleme durch ein verbessertes Selbstbewusstsein mit Partnern und Angehörigen sind z.B. sehr häufig. Die psychische Nachsorge in Zusammenarbeit mit Ehepartner und Familie ist ein wichtiger Baustein, um den Gewichtsverlust durch die Operation bzw. medikamentöse Therapie auch zu erhalten. Doch einen Termin zur psychotherapeutischen Therapie zu bekommen ist verdammt schwierig.
Das Problem könnte man meiner Meinung nach mit Gruppenschulungen angehen. Viele Menschen mit Adipositas wären in einer Gruppenschulung gut untergebracht und bei einigen kann dann in Einzelschulungen auf individuelle Themen eingegangen werden. Die Selbsthilfe kann hier sicherlich auch unterstützen aber ersetzt keine Therapeuten.
Michael Wirtz:
Adipositas wird immer noch allgemein stigmatisiert und es ist auch eine Selbststigmatisierung bei den Betroffenen zu finden. Gesellschaftlich ist das Verständnis für Adipositas noch zu gering. Wichtig meiner Meinung nach ist es auch, dass die Ärzte akzeptieren, dass Adipositas eine chronische Erkrankung ist. Bei jüngeren Ärzten sehe ich aber schon eher die Akzeptanz. Die Menschen scheuen sich ihre Ärzte auf das Thema anzusprechen. Wichtig ist, dass der Patient weiß: Du hast Adipositas und man kann etwas dagegen tun. Da könnte z.B. das DMP-Adipositas helfen den richtigen Arzt zu finden und die leidige Diskussion beenden warum Menschen mit Adipositas, genau wie bei anderen chronischen Erkrankungen, therapiert werden müssen und nicht erst dann, wenn sie schwer krank sind.
Michael Wirtz:
Im Prinzip kann man in das DMP nur das reinbringen, was im Leistungskatalog steht oder evaluiert und publiziert ist. Ansonsten könnte man Therapieoptionen oder Versorgungsformen mit reinnehmen und gleichzeitig evaluieren. Ich glaube, das wäre ein großer Schritt für alle gewesen. Ich glaube aber auch, dass der Gesetzgeber mit zweieinhalb Jahren einfach zu wenig Zeit gegeben hat, um ein DMP-Adipositas auszugestalten. In der Arbeitsgruppe arbeiten wir themenbezogenen Patientenvertreter sowie die Fachexperten neben unseren Hauptjobs und – das darf man nicht vergessen – wir sind mehr oder weniger bei null angefangen. Darüber hinaus gibt es viele Befindlichkeiten in diesem Thema. Da haben wir beispielsweise die Zahler, die Panik vor 17 Millionen Erkrankten haben. Wir haben die Leistungserbringer, die haben Panik vor 17 Millionen Patienten. Und wir haben die Patientenvertreter, die endlich eine angemessene Versorgung fordern. Jetzt ist die Frage, wer setzt sich durch? Die Patienten sicherlich nicht, da wir lediglich ein Mitberatungs- und Vorschlagsrecht im G-BA besitzen. Am Ende wird im schlimmsten Fall ein Minimalkonsens herauskommen und sicher nicht der große Wurf, außer, dass es endlich realistische Zahlen und eine anständige Diagnostik gibt. Auch wird es neue Erkenntnisse zur Erkrankung und Komorbiditäten geben, die mit aufgenommen wurden. Denn momentan ist die Dunkelziffer von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Komorbiditäten sehr hoch. Menschen mit Adipositas vermeiden es nämlich zum Arzt zu gehen. Hier wird nach erfasster Kodierung sicherlich schon was auf uns zukommen. Der Gesetzgeber hat als Anforderung gestellt, dass Menschen aufgefangen werden sollen, die in keinem Behandlungsprogramm aktiv eingeschrieben sind. Die Patientenvertretung im G-BA steht auf dem Standpunkt Patienten mit einem BMI > 30 ohne Begleiterkrankungen ins DMP einzuschließen, die anderen Bänke im G-BA sehen dies aktuell anders. Schulungsprogramme, Qualifizierung, Umsetzung und Vergütung sind weitere kontroverse Punkte. Wir werden sehen, was am Ende dabei rauskommt. Und wenn die Richtlinien des G-BA in Kraft getreten sind, hapert es dann an der Umsetzung von den regionalen KVen und Krankenkassen. Immer wieder wird die GKV-Finanzierung vorgeschoben, um nicht zu verhandeln, das ärgert mich schon. Meiner Meinung nach müsste mehr politische Weichen diesbezüglich gestellt werden und von staatlicher Seite müsste mehr Geld ins System fließen.
Michael Wirtz:
Neben der Arbeit als Vorstandsmitglied der AdipositasHilfe Deutschland e.V. habe ich beispielsweise einige Selbsthilfegruppen mit aufgebaut. Außerdem bin ich im „Think Tank Herz Kreislauf“ und bei der Herz-Hirn-Allianz aktiv, weil wir am Ende immer wieder beim Thema Adipositas herauskommen. Böse gesagt nutze ich andere Krankheitsbilder, um mein Thema mit einzubringen. Im Moment lerne ich auch viel über Diabetes, da ich jetzt Vorsitzender vom Diabetiker Bund Hamburg bin. Dort haben für das nächste Jahr keinen Diabetiker-Tag mehr, sondern einen Diapositas-Tag. Es hört nicht beim Übergewicht auf: Komorbiditäten müssen auch in den Blick genommen werden. Dazu gehören neben dem metabolischen Syndrom, die nicht alkoholische Fettleber, auch Gelenkprobleme, Nährstoffmangel als Folge der Magenoperationen, Osteoporose, Probleme mit den Zähnen und dem Kieferknochen. Wir haben gerade bei den Frauen des PCS-Syndrom sehr häufig, dazu kommen noch Asthma/COPD und die ganzen Hauterkrankungen, wie z.B. Akne inversa. Und dann später sind viele Krebserkrankungen die schweren Folgen durch das Übergewicht und durch die Adipositas, wahrscheinlich auch bedingt durch die anderen Komorbiditäten. Auch im DMP sind die Komorbiditäten ganz klar als Thema enthalten, als Erläuterung, warum es sinnvoll ist sein Gewicht zu reduzieren.
Michael Wirtz:
Ich halte die digitalen Gesundheitsanwendungen persönlich für eine gute Sache. Ich finde gut, dass sie eine weitere Therapieoption bieten. Sie sind aber nicht für jeden geeignet, aber man ist unabhängig davon, welche Versorgungsstrukturen man vor Ort hat. Laut Studien ist der Erfolg dieser Therapien durchaus mit anderen Therapien vergleichbar. Es ist ein guter Anfang und eine Basis-Schulung erhalten die Patienten dadurch auch. Ich bin eher ein Freund von hybriden Anwendungen. Eine digital gestützte konservative Therapie vor Ort wäre aus meiner Meinung ein idealer Weg. Ja, ich glaube, da kommen wir auch hin, spätestens beim Start des DMP wird es die ersten hybriden Anwendungen geben, in dem dann auch die Schnittstelle zum Arzt da ist, damit alle Behandler, wer auch immer das ist, auf die Daten mit zugreifen können und sehen, wie der Verlauf ist. Das digitale ist auf dem Vormarsch, aber das ist nicht das Allheilmittel. Aber die Kombi macht’s eben. Wir haben es bei Adipositas mit einer multifaktoriellen Erkrankung zu tun, dazu brauchen wir natürlich auch ein breites Behandlungsspektrum.
Michael Wirtz:
Politisch würde ich in erster Linie dafür appellieren, dass wir die Zugänge zu allen Therapieoptionen erleichtern, vor allen Dingen zur medikamentösen Therapie. Ansonsten würde ich mir gesellschaftlich einfach ein bisschen mehr Verständnis für das Thema Adipositas wünschen. Mein größter Wunsch wären regionale Versorgungs-Netzwerke in Kooperation mit Krankenkassen. Und zwar in der Form, dass es regionale Verbünde mit Koordinierungsstellen gibt, die für Adipositas-Patienten sowie für Behandler:innen als Lotsen dienen. Regionale Zusammenarbeit und Austausch in Versorgungsnetzwerken wären meiner Meinung nach der richtige Weg, um das Thema nach oben zu bringen. Ein Beispiel für so ein Versorgungsnetzwerk ist das Adipositas Netzwerk in der Region Hannover. Solche Strukturen werden weiterwachsen, weil ich glaube, dass die Niedergelassenen Angst haben, die Last allein nicht tragen zu können. Aber das müssen sie nicht und das verlangt auch keiner. Am Ende müssen sich alle nur einig sein, wie sie die schlechte Vergütung untereinander austeilen.
Das Interview wurde am 25.07.2023 geführt.
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Mit Hilfe der Förderung der Qualitätsinitiative – Niedersächsischer Verein zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen e. V. – konnte der Aufbau eines Informationsstandes des Netzwerks der Transplantationsbeauftragten Region NORD e.V. (TxB-Netzwerk) im Rahmen des Symposiums für Intensivmedizin und Intensivpflege 2023 in Bremen realisiert werden.
Der Informationsstand des TxB-Netzwerks konnte erheblich dazu beitragen, das Thema der Organspende zu vertreten. Dies ist umso wichtiger gewesen, weil zwar vereinzelte Programmpunkte des Symposiums das Thema aufgriffen, aber andere direkt anlaufbare Informationsmöglichkeiten fehlten. Der Informationsstand war an allen drei Tagen des Symposiums im Ausstellerbereich aufgebaut und stets mindestens doppelt besetzt, sodass den vielen Interessierten meistens eine ruhige Gesprächssituation geboten werden konnte. Es hatte sich offenbar auch recht schnell herumgesprochen, dass der Informationsstand sowohl Anlaufstelle für generell an Organspende Interessierte als auch speziell für Transplantationsbeauftragte (TxB) ist. Letztere ließen mehrfach täglich deutlich erkennen, in welcher Situation sie sich befinden. Oft fiel das Wort „Einzelkämpfer“, verbunden mit Begriff „Risiko“, woraus sich deutlich die Schwierigkeiten mancher Häuser ableiten lassen, gesetzliche Vorgaben zur Organspende qualitativ adäquat umzusetzen.
Bemerkenswerterweise waren zwar weit überwiegend TxB aus kleineren Kliniken mit den Vertreterinnen und Vertretern des TxB-Netzwerks im konstruktiven Gespräch, aber auch mit TxB aus Häusern der Maximalversorgung wurde über Verbesserungen beraten. Viel Interesse ist nicht nur an dem Peer-Review-Organspende des TxB-Netzwerks gezeigt worden, sondern auch an dem unkomplizierten Mustervertrag zur Vereinbarung von Zusammenarbeit zwischen Kliniken. Als Ausdruck dessen waren die vorbereiteten Auslagen des TxB-Netzwerks diesbezüglich bereits früh vergriffen gewesen.
Um Wartende und Spaziergänger bei dem Stand des TxB-Netzwerks zu halten, hatte das TxB-Netzwerk einen Schnellzeichner engagiert, der Karikaturen zum Mitnehmen anfertigte. Außerdem lagen am Stand Give-aways mit Hinweisen zur Organspende, zur BzGA, zur Homepage des TxB-Netzwerks und zu den Sponsoren und Unterstützenden aus. Es wurden fast 500 Organspendeausweise ausgegeben. Dem Team des Klinikum Emden wurde zudem der Bericht zum dortigen Peer-Review-Organspende überreicht, was Interessierten auch das Wesen des Peer-Reviews, nämlich den Umgang auf Augenhöhe, demonstriert hat.
Unser Mitglied MSD Sharp & Dohme GmbH schreibt noch bis zum 31. März 2023 den MSD-Gesundheitspreis aus!
Der MSD Gesundheitspreis würdigt und fördert innovative und nachhaltige Versorgung in Deutschland. Bewerbungen zu konkreten Versorgungsprojekten, die eine nachhaltige Verbesserung der medizinischen und/oder ökonomischen Ergebnisqualität gezeigt haben, sind herzlich willkommen.
Der MSD Gesundheitspreis ist mit einer Gesamtsumme von 110.000 € dotiert. Damit werden Versorgungsprojekte zweckgebunden gefördert. Der Preis wird von einer unabhängigen Jury an drei Projekte verliehen. Die Jury aus Gesundheitsexpert:innen hat außerdem die Möglichkeit, bis zu vier Sonderpreise zu vergeben, z. B. zu den Themen Arztnetze/Community Medicine, Lösung von Versorgungsproblemen durch Digitalisierung, Verbesserung der konkreten Versorgung auf Ergebnis- und Prozessebene durch Patientenbeteiligung oder medizinische oder organisatorische Breakthrough Innovation/Leuchtturmprojekt.
Es wird zudem jedes Jahr ein Publikumspreis (5.000 €) ausgelobt. Durch die Jury werden die zehn Versorgungsprojekte ausgewählt, die die Bewerbungskriterien am besten erfüllen. Sie stehen dann in einer öffentlichen Abstimmung zur Wahl.
Fünf Kriterien
Ablauf der Bewerbung:
Unter dem Link https://www.msd.de/bewerbung2023 können Sie das Bewerbungsformular herunterladen, digital ausfüllen und sich bis zum 31.03.2023 online bewerben. Hier finden Sie zudem alle notwendigen Informationen sowie formalen Vorgaben für Ihre Bewerbung.
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne auch unter gesundheitspreis@msd.de zur Verfügung.
Die Anzeige zum MSD Gesundheitspreis finden Sie unter:
Die Qualitätsinitiative e. V. fördert in diesem Jahr den „Pädiatrischen Palliativ Care Tag“ des Netzwerks für die Versorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher e. V. am 2. Juli 2022 in Soltau
Das Betreuungsnetz schwerkranker Kinder UG(h) ist Träger der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche (SAPV-KJ) und organisiert und koordiniert diese Versorgungsleistung für das Land Niedersachsen.
Die SAPV-KJ wird durch multiprofessionelle Versorgungsteams erbracht, die sich aus medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Fachkräften zusammensetzen. Das übergeordnete Ziel der SAPV-KJ ist es, die Lebensqualität schwerstkranker Kinder und Jugendlicher bestmöglich zu erhalten und ihr Leid zu lindern. Dabei sollen Krankenhausaufenthalte weitestgehend vermeiden werden, um den jungen Patientinnen und Patienten ein sicheres und stabiles Umfeld in einer vertrauten Umgebung im Kreis ihrer Familie zu ermöglichen.
Das Betreuungsnetz schwerkranker Kinder organisiert für das niedersächsische SAPV-KJ-Team verschiedene unterschiedliche Fortbildungen. Einmal jährlich findet ein Fortbildungstag für die sechs regionalen SAPV-KJ-Teams statt – der PädPCT-Tag (Pädiatrischer Palliativ Care Tag). Es werden etwa 50-60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Es wird Vorträge aus der Medizin, Pflege und dem psychosozialen Bereich sowie Workshops zur Vertiefung der Themen geben.
Weitere Informationen zum Netzwerk finden Sie hier: https://www.betreuungsnetz.org