“Wichtig ist, dass der Patient weiß: Du hast Adipositas und man kann etwas dagegen tun.”
Michael Wirtz
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute sprechen Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH), Dr. rer. nat. Monika Övermöhle (UCB Pharma GmbH) und Dr. Şevket Turgut M.A. (AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG) mit Michael Wirtz über das Thema “Versorgungslücke in der Adipositas-Versorgung?”
| Michael Wirtz, Jahrgang 1971, wohnhaft in Winsen / Luhe, ist seit Gründung der AdipositasHilfe Deutschland e.V. in 2013 als Vorstandsmitglied aktiv. In der Selbsthilfe ist er bereits 20 Jahre aktiv. Seit 2021 ist er Patientenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss. Er ist weiterhin in zahlreichen indikationsübergreifenden Projekten und Initiativen aktiv und beschäftigt sich intensiv mit gesundheitspolitischen Themen. Neben diesem ehrenamtlichen Engagement geht er noch einer Vollzeitbeschäftigung als Bau-/Projektleiter nach. | ![]() |
Michael Wirtz:
Prinzipiell findet die Behandlung der Adipositas im niedergelassenen Bereich so gut wie gar nicht statt. Damit meine ich die Grundversorgung im Bereich der Hausärzte. Das hängt damit zusammen, dass es dafür keine Vergütung gibt. Es gibt im Moment keine Leistung im Leistungskatalog, die in irgendeiner Form auf das Thema Adipositas gemünzt ist. Alles andere läuft in der Regel über die Reha-Verordnung nach § 43 SGB V, der Ernährungs-Therapie. Dieses Wissen ist bei den Allgemeinmedizinern vielleicht vorhanden, bei vielen wird es aber praktisch nicht angewendet. Und das ist das Problem. Und wenn wir ein Stück weiter gehen, dann haben wir natürlich bei der Behandlung von Menschen mit Adipositas große Probleme, zum Beispiel im gynäkologischen Bereich oder bei Zahnärzten. Dahingehend, dass die Behandlungsstühle oft von der Tragfähigkeit nicht ausreichend sind. Wir haben Probleme überall da, wo Behandlungsstühle und Liegen beispielsweise ein Gewicht von mehr als 130 Kilogramm tragen müssen, wie in der Chirurgie oder beim MRT, welches in der Regel nur auf 130 Kilogramm zugelassen ist. Viele Menschen mit Adipositas brauchen daher ein offenes MRT. Einige müssen dafür extra einen Antrag bei der Krankenkasse stellen, obwohl sie nachweislich mehr als 130 Kilogramm wiegen.
Michael Wirtz:
Was wir häufig erleben und immer wieder berichtet bekommen ist, dass Ärzte unabhängig vom Krankheitsbild die Erkrankung auf das Gewicht reduzieren. Häufig kommt die Aussage „Sie müssen erst einmal abnehmen“. Es gibt dann aber keine Hilfestellung, wie man abnehmen kann. Im Umkehrschluss geht man aber in der Medizin häufig hin und behandelt nur das Ergebnis. Wie zum Beispiel beim Diabetes, bei der Hypertonie oder sonstige Indikationen, wo man quasi nur versucht, die aktuellen Symptome zu lindern. Bei Adipositas gibt es keine Leistungen im GKV-Abrechnungssystem, die eine kausale Behandlung honoriert. Lediglich die chirurgische Therapie ist in der Kostenerstattung. Es ist eine Katastrophe: Inzwischen gibt es gute medikamentöse Therapieoptionen für Menschen mit Adipositas, die allerdings aufgrund des „Lifestyle-Paragraphen“ nur eingeschränkt zugänglich sind. Denn Arzneimittel sind nach § 34 SGB V von der Versorgung für Adipositas ausgeschlossen. Dies muss dringend geändert werden. Am Ende muss es für die Adipositas Behandlung, für eine definierte Patientengruppe, eine Ausnahmegenehmigung geben, damit ein Großteil der Betroffenen nicht von einer Therapie ausgeschlossen wird. Denn es gibt neuerdings durchaus gute medikamentöse Therapieoptionen. Trotzdem darf die konservative Therapie mit Lebensstiländerung nicht vergessen werden und darüber hinaus ist für die Adipositas-Diagnose E66 keine psychotherapeutische Begleitung vorgesehen. Dies alles ist meiner Meinung aber sehr wichtig.
Ein anderes Beispiel wäre die Magen-Bypass-Operation. Die Probleme hören für den Patienten durch die Operation und den damit verbundenen Gewichtsverlust ja nicht auf. Die gesamte Lebenssituation ändert sich: der Lebensstil, die Bewegung, die Ernährung, die Selbstwahrnehmung und die Wahrnehmung deiner Umwelt. Probleme durch ein verbessertes Selbstbewusstsein mit Partnern und Angehörigen sind z.B. sehr häufig. Die psychische Nachsorge in Zusammenarbeit mit Ehepartner und Familie ist ein wichtiger Baustein, um den Gewichtsverlust durch die Operation bzw. medikamentöse Therapie auch zu erhalten. Doch einen Termin zur psychotherapeutischen Therapie zu bekommen ist verdammt schwierig.
Das Problem könnte man meiner Meinung nach mit Gruppenschulungen angehen. Viele Menschen mit Adipositas wären in einer Gruppenschulung gut untergebracht und bei einigen kann dann in Einzelschulungen auf individuelle Themen eingegangen werden. Die Selbsthilfe kann hier sicherlich auch unterstützen aber ersetzt keine Therapeuten.
Michael Wirtz:
Adipositas wird immer noch allgemein stigmatisiert und es ist auch eine Selbststigmatisierung bei den Betroffenen zu finden. Gesellschaftlich ist das Verständnis für Adipositas noch zu gering. Wichtig meiner Meinung nach ist es auch, dass die Ärzte akzeptieren, dass Adipositas eine chronische Erkrankung ist. Bei jüngeren Ärzten sehe ich aber schon eher die Akzeptanz. Die Menschen scheuen sich ihre Ärzte auf das Thema anzusprechen. Wichtig ist, dass der Patient weiß: Du hast Adipositas und man kann etwas dagegen tun. Da könnte z.B. das DMP-Adipositas helfen den richtigen Arzt zu finden und die leidige Diskussion beenden warum Menschen mit Adipositas, genau wie bei anderen chronischen Erkrankungen, therapiert werden müssen und nicht erst dann, wenn sie schwer krank sind.
Michael Wirtz:
Im Prinzip kann man in das DMP nur das reinbringen, was im Leistungskatalog steht oder evaluiert und publiziert ist. Ansonsten könnte man Therapieoptionen oder Versorgungsformen mit reinnehmen und gleichzeitig evaluieren. Ich glaube, das wäre ein großer Schritt für alle gewesen. Ich glaube aber auch, dass der Gesetzgeber mit zweieinhalb Jahren einfach zu wenig Zeit gegeben hat, um ein DMP-Adipositas auszugestalten. In der Arbeitsgruppe arbeiten wir themenbezogenen Patientenvertreter sowie die Fachexperten neben unseren Hauptjobs und – das darf man nicht vergessen – wir sind mehr oder weniger bei null angefangen. Darüber hinaus gibt es viele Befindlichkeiten in diesem Thema. Da haben wir beispielsweise die Zahler, die Panik vor 17 Millionen Erkrankten haben. Wir haben die Leistungserbringer, die haben Panik vor 17 Millionen Patienten. Und wir haben die Patientenvertreter, die endlich eine angemessene Versorgung fordern. Jetzt ist die Frage, wer setzt sich durch? Die Patienten sicherlich nicht, da wir lediglich ein Mitberatungs- und Vorschlagsrecht im G-BA besitzen. Am Ende wird im schlimmsten Fall ein Minimalkonsens herauskommen und sicher nicht der große Wurf, außer, dass es endlich realistische Zahlen und eine anständige Diagnostik gibt. Auch wird es neue Erkenntnisse zur Erkrankung und Komorbiditäten geben, die mit aufgenommen wurden. Denn momentan ist die Dunkelziffer von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und anderen Komorbiditäten sehr hoch. Menschen mit Adipositas vermeiden es nämlich zum Arzt zu gehen. Hier wird nach erfasster Kodierung sicherlich schon was auf uns zukommen. Der Gesetzgeber hat als Anforderung gestellt, dass Menschen aufgefangen werden sollen, die in keinem Behandlungsprogramm aktiv eingeschrieben sind. Die Patientenvertretung im G-BA steht auf dem Standpunkt Patienten mit einem BMI > 30 ohne Begleiterkrankungen ins DMP einzuschließen, die anderen Bänke im G-BA sehen dies aktuell anders. Schulungsprogramme, Qualifizierung, Umsetzung und Vergütung sind weitere kontroverse Punkte. Wir werden sehen, was am Ende dabei rauskommt. Und wenn die Richtlinien des G-BA in Kraft getreten sind, hapert es dann an der Umsetzung von den regionalen KVen und Krankenkassen. Immer wieder wird die GKV-Finanzierung vorgeschoben, um nicht zu verhandeln, das ärgert mich schon. Meiner Meinung nach müsste mehr politische Weichen diesbezüglich gestellt werden und von staatlicher Seite müsste mehr Geld ins System fließen.
Michael Wirtz:
Neben der Arbeit als Vorstandsmitglied der AdipositasHilfe Deutschland e.V. habe ich beispielsweise einige Selbsthilfegruppen mit aufgebaut. Außerdem bin ich im „Think Tank Herz Kreislauf“ und bei der Herz-Hirn-Allianz aktiv, weil wir am Ende immer wieder beim Thema Adipositas herauskommen. Böse gesagt nutze ich andere Krankheitsbilder, um mein Thema mit einzubringen. Im Moment lerne ich auch viel über Diabetes, da ich jetzt Vorsitzender vom Diabetiker Bund Hamburg bin. Dort haben für das nächste Jahr keinen Diabetiker-Tag mehr, sondern einen Diapositas-Tag. Es hört nicht beim Übergewicht auf: Komorbiditäten müssen auch in den Blick genommen werden. Dazu gehören neben dem metabolischen Syndrom, die nicht alkoholische Fettleber, auch Gelenkprobleme, Nährstoffmangel als Folge der Magenoperationen, Osteoporose, Probleme mit den Zähnen und dem Kieferknochen. Wir haben gerade bei den Frauen des PCS-Syndrom sehr häufig, dazu kommen noch Asthma/COPD und die ganzen Hauterkrankungen, wie z.B. Akne inversa. Und dann später sind viele Krebserkrankungen die schweren Folgen durch das Übergewicht und durch die Adipositas, wahrscheinlich auch bedingt durch die anderen Komorbiditäten. Auch im DMP sind die Komorbiditäten ganz klar als Thema enthalten, als Erläuterung, warum es sinnvoll ist sein Gewicht zu reduzieren.
Michael Wirtz:
Ich halte die digitalen Gesundheitsanwendungen persönlich für eine gute Sache. Ich finde gut, dass sie eine weitere Therapieoption bieten. Sie sind aber nicht für jeden geeignet, aber man ist unabhängig davon, welche Versorgungsstrukturen man vor Ort hat. Laut Studien ist der Erfolg dieser Therapien durchaus mit anderen Therapien vergleichbar. Es ist ein guter Anfang und eine Basis-Schulung erhalten die Patienten dadurch auch. Ich bin eher ein Freund von hybriden Anwendungen. Eine digital gestützte konservative Therapie vor Ort wäre aus meiner Meinung ein idealer Weg. Ja, ich glaube, da kommen wir auch hin, spätestens beim Start des DMP wird es die ersten hybriden Anwendungen geben, in dem dann auch die Schnittstelle zum Arzt da ist, damit alle Behandler, wer auch immer das ist, auf die Daten mit zugreifen können und sehen, wie der Verlauf ist. Das digitale ist auf dem Vormarsch, aber das ist nicht das Allheilmittel. Aber die Kombi macht’s eben. Wir haben es bei Adipositas mit einer multifaktoriellen Erkrankung zu tun, dazu brauchen wir natürlich auch ein breites Behandlungsspektrum.
Michael Wirtz:
Politisch würde ich in erster Linie dafür appellieren, dass wir die Zugänge zu allen Therapieoptionen erleichtern, vor allen Dingen zur medikamentösen Therapie. Ansonsten würde ich mir gesellschaftlich einfach ein bisschen mehr Verständnis für das Thema Adipositas wünschen. Mein größter Wunsch wären regionale Versorgungs-Netzwerke in Kooperation mit Krankenkassen. Und zwar in der Form, dass es regionale Verbünde mit Koordinierungsstellen gibt, die für Adipositas-Patienten sowie für Behandler:innen als Lotsen dienen. Regionale Zusammenarbeit und Austausch in Versorgungsnetzwerken wären meiner Meinung nach der richtige Weg, um das Thema nach oben zu bringen. Ein Beispiel für so ein Versorgungsnetzwerk ist das Adipositas Netzwerk in der Region Hannover. Solche Strukturen werden weiterwachsen, weil ich glaube, dass die Niedergelassenen Angst haben, die Last allein nicht tragen zu können. Aber das müssen sie nicht und das verlangt auch keiner. Am Ende müssen sich alle nur einig sein, wie sie die schlechte Vergütung untereinander austeilen.
Das Interview wurde am 25.07.2023 geführt.
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Das TxB-Netzwerk dankt der Qualitätsinitiative sehr herzlich für die Unterstützung und Förderung!
(Vorstand Netzwerk der Transplantationsbeauftragten Region NORD e.V.)
Mit Hilfe der Förderung der Qualitätsinitiative – Niedersächsischer Verein zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen e. V. – konnte der Aufbau eines Informationsstandes des Netzwerks der Transplantationsbeauftragten Region NORD e.V. (TxB-Netzwerk) im Rahmen des Symposiums für Intensivmedizin und Intensivpflege 2023 in Bremen realisiert werden.
Der Informationsstand des TxB-Netzwerks konnte erheblich dazu beitragen, das Thema der Organspende zu vertreten. Dies ist umso wichtiger gewesen, weil zwar vereinzelte Programmpunkte des Symposiums das Thema aufgriffen, aber andere direkt anlaufbare Informationsmöglichkeiten fehlten. Der Informationsstand war an allen drei Tagen des Symposiums im Ausstellerbereich aufgebaut und stets mindestens doppelt besetzt, sodass den vielen Interessierten meistens eine ruhige Gesprächssituation geboten werden konnte. Es hatte sich offenbar auch recht schnell herumgesprochen, dass der Informationsstand sowohl Anlaufstelle für generell an Organspende Interessierte als auch speziell für Transplantationsbeauftragte (TxB) ist. Letztere ließen mehrfach täglich deutlich erkennen, in welcher Situation sie sich befinden. Oft fiel das Wort „Einzelkämpfer“, verbunden mit Begriff „Risiko“, woraus sich deutlich die Schwierigkeiten mancher Häuser ableiten lassen, gesetzliche Vorgaben zur Organspende qualitativ adäquat umzusetzen.
Bemerkenswerterweise waren zwar weit überwiegend TxB aus kleineren Kliniken mit den Vertreterinnen und Vertretern des TxB-Netzwerks im konstruktiven Gespräch, aber auch mit TxB aus Häusern der Maximalversorgung wurde über Verbesserungen beraten. Viel Interesse ist nicht nur an dem Peer-Review-Organspende des TxB-Netzwerks gezeigt worden, sondern auch an dem unkomplizierten Mustervertrag zur Vereinbarung von Zusammenarbeit zwischen Kliniken. Als Ausdruck dessen waren die vorbereiteten Auslagen des TxB-Netzwerks diesbezüglich bereits früh vergriffen gewesen.
Um Wartende und Spaziergänger bei dem Stand des TxB-Netzwerks zu halten, hatte das TxB-Netzwerk einen Schnellzeichner engagiert, der Karikaturen zum Mitnehmen anfertigte. Außerdem lagen am Stand Give-aways mit Hinweisen zur Organspende, zur BzGA, zur Homepage des TxB-Netzwerks und zu den Sponsoren und Unterstützenden aus. Es wurden fast 500 Organspendeausweise ausgegeben. Dem Team des Klinikum Emden wurde zudem der Bericht zum dortigen Peer-Review-Organspende überreicht, was Interessierten auch das Wesen des Peer-Reviews, nämlich den Umgang auf Augenhöhe, demonstriert hat.





Unser Mitglied MSD Sharp & Dohme GmbH schreibt noch bis zum 31. März 2023 den MSD-Gesundheitspreis aus!
Der MSD Gesundheitspreis würdigt und fördert innovative und nachhaltige Versorgung in Deutschland. Bewerbungen zu konkreten Versorgungsprojekten, die eine nachhaltige Verbesserung der medizinischen und/oder ökonomischen Ergebnisqualität gezeigt haben, sind herzlich willkommen.
Der MSD Gesundheitspreis ist mit einer Gesamtsumme von 110.000 € dotiert. Damit werden Versorgungsprojekte zweckgebunden gefördert. Der Preis wird von einer unabhängigen Jury an drei Projekte verliehen. Die Jury aus Gesundheitsexpert:innen hat außerdem die Möglichkeit, bis zu vier Sonderpreise zu vergeben, z. B. zu den Themen Arztnetze/Community Medicine, Lösung von Versorgungsproblemen durch Digitalisierung, Verbesserung der konkreten Versorgung auf Ergebnis- und Prozessebene durch Patientenbeteiligung oder medizinische oder organisatorische Breakthrough Innovation/Leuchtturmprojekt.
Es wird zudem jedes Jahr ein Publikumspreis (5.000 €) ausgelobt. Durch die Jury werden die zehn Versorgungsprojekte ausgewählt, die die Bewerbungskriterien am besten erfüllen. Sie stehen dann in einer öffentlichen Abstimmung zur Wahl.
Fünf Kriterien
Ablauf der Bewerbung:
Unter dem Link https://www.msd.de/bewerbung2023 können Sie das Bewerbungsformular herunterladen, digital ausfüllen und sich bis zum 31.03.2023 online bewerben. Hier finden Sie zudem alle notwendigen Informationen sowie formalen Vorgaben für Ihre Bewerbung.
Bei Rückfragen stehen wir Ihnen gerne auch unter gesundheitspreis@msd.de zur Verfügung.
Die Anzeige zum MSD Gesundheitspreis finden Sie unter:
Die Qualitätsinitiative e. V. fördert in diesem Jahr den „Pädiatrischen Palliativ Care Tag“ des Netzwerks für die Versorgung schwerkranker Kinder und Jugendlicher e. V. am 2. Juli 2022 in Soltau
Das Betreuungsnetz schwerkranker Kinder UG(h) ist Träger der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung für Kinder und Jugendliche (SAPV-KJ) und organisiert und koordiniert diese Versorgungsleistung für das Land Niedersachsen.
Die SAPV-KJ wird durch multiprofessionelle Versorgungsteams erbracht, die sich aus medizinischen, pflegerischen und psychosozialen Fachkräften zusammensetzen. Das übergeordnete Ziel der SAPV-KJ ist es, die Lebensqualität schwerstkranker Kinder und Jugendlicher bestmöglich zu erhalten und ihr Leid zu lindern. Dabei sollen Krankenhausaufenthalte weitestgehend vermeiden werden, um den jungen Patientinnen und Patienten ein sicheres und stabiles Umfeld in einer vertrauten Umgebung im Kreis ihrer Familie zu ermöglichen.
Das Betreuungsnetz schwerkranker Kinder organisiert für das niedersächsische SAPV-KJ-Team verschiedene unterschiedliche Fortbildungen. Einmal jährlich findet ein Fortbildungstag für die sechs regionalen SAPV-KJ-Teams statt – der PädPCT-Tag (Pädiatrischer Palliativ Care Tag). Es werden etwa 50-60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Es wird Vorträge aus der Medizin, Pflege und dem psychosozialen Bereich sowie Workshops zur Vertiefung der Themen geben.
Weitere Informationen zum Netzwerk finden Sie hier: https://www.betreuungsnetz.org
“Gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen ist eine gute Dokumentation ihrer Krankengeschichte wichtig.”
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute spricht Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH) mit Arnfred Stoppok über das Thema “Die elektronische Patientenakte (ePA) – Erwartungen und Möglichkeiten?”
| Arnfred Stoppok ist seit April 2019 Vorsitzender der Selbsthilfe- und Patientenvertretungsorganisation Diabetiker Niedersachsen e.V. Neben der 6-jährigen Tätigkeit als Leiter der Eventabteilung eines Pharmakonzerns hat der studierte Medien- und Eventmanager als Geschäftsführer einer Marketingagentur vorwiegend Kunden aus der Pharma- und Versicherungsbranche beraten und betreut. Selbst von Diabetes Typ 1 betroffen steht er im Diabetiker Niedersachsen wie kein anderer für die Digitalisierung der Selbsthilfe und treibt diese mit großen Schritten voran. | ![]() |
Arnfred Stoppok:
Wir erwarten von der elektronischen Patientenakte eine bessere Vernetzung von Hausärzten und Fachärzten, welche Wege bei der Übermittlung von Befunden verkürzt. Gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen ist eine gute Dokumentation ihrer Krankengeschichte wichtig. Zu oft werden wichtige Ereignisse in der Krankengeschichte im Wulst von Ausdrucken und Befunden übersehen, oder gehen gar verloren. Durch eine zentrale elektronische Erfassung und Abrufbarkeit von Befunden erwarten wir an dieser Stelle Abhilfe.
Arnfred Stoppok:
Behandelnde sparen Zeit, da Befunde und selbst Überweisungen nicht mehr gedruckt bzw. angefordert werden müssen. Es reicht, sich mittels Einlesens der Versichertenkarte einen Überblick zu verschaffen. Selbst Volltextsuchen sollten bei vollem Digitalisierungsgrad möglich sein, die noch einmal den Weg zu einer gesuchten Information abkürzen.
Inwieweit die handelnden Akteure gerüstet oder motiviert sind, können wir pauschal nicht beurteilen. Die Informationen, die wir dazu in unserer Rolle als Patientenvertretung bekommen sind sehr unterschiedlich. Manche Praxen und Einrichtungen verfügen inzwischen über einen sehr hohen Digitalisierungsgrad und haben ihre Mitarbeiter entsprechend geschult. Andere hingegen scheinen in den achtziger Jahren stehen geblieben zu sein. Dies ist natürlich eng verknüpft mit Mindset und Motivationsgrad der jeweiligen Akteure. Im Gesamtbild sehen wir allerdings noch eine Menge Optimierungspotential und eklatanten Handlungsbedarf.
Arnfred Stoppok:
Es kommt unseres Erachtens mehr darauf an, dass bisher einstellbare Daten von den Behandelnden auch sauber in die ePA eingetragen werden, im Rahmen der Berechtigungen, die der Patient erteilt hat. Nach bisherigem Stand kann dort ja schon die gesamte Primärdokumentation erfasst werden, soweit der Patient dies wünscht und die Behandelnden dem auch nachkommen.
Wichtig ist es jedoch, dass Fehldiagnosen – nach Einwilligung oder auf Wunsch des Patienten – auch von neuen Behandelnden korrigiert werden können. Hier ist leider noch ein Einfallstor für Probleme, welches wir noch nicht ausreichend geschlossen sehen.
Arnfred Stoppok:
Die beste Werbung ist ein Anstieg der Behandlungsqualität. Dieser ist mit kleinen Rückschlägen im Bereich Diabetes durchaus zu verzeichnen. Inwieweit die ePA dazu beiträgt können wir nicht beurteilen, da sie sich dafür noch nicht ausreichend durchgesetzt hat. Mit der steigenden Verbreitung von diabetologischen Schwerpunktpraxen gewinnt ein guter Austausch von Patientendaten hier jedoch mehr und mehr an Wichtigkeit. Dies betonen wir unseren Mitgliedern gegenüber auch bei entsprechenden Gelegenheiten. Die Horrornachrichten über Cyberkriminalität und mangelnde Sicherheit im Bereich elektronischer Datenerfassung erzeugen aber leider weiterhin ein hohes Pensum an Misstrauen gegenüber der ePA.
Arnfred Stoppok:
Der beste Anreiz ist immer noch ein Zugewinn an Komfort bei gleichzeitigem Vertrauen in die Sicherheit der Datenerfassung. Von Boni für Versicherte, die dem Anlegen einer ePA zustimmen, halten wir nichts, da die Thematik dann doch zu sensibel ist. Der Anreiz für Behandelnde ist hingegen schon da, werden doch allein Druck- und Portokosten gespart.
Aufklärung und bessere Erläuterung, der bereits im Prinzip immanenten Vorteile, halten wir generell für seröser und wichtiger als „Incentives“.
Arnfred Stoppok:
Nein, immer wieder sind wir damit konfrontiert, dass Patienten keine Information von ihrem Arzt zur ePA bekommen haben. Die Versicherungen informieren zwar, allerdings oft in einer Sprache, die den Angesprochenen die Vorteile nicht erläutert und Vorurteile ausräumt.
Arnfred Stoppok:
Wir haben bereits zur Einführung in einem längeren und informativen Artikel zum Thema informiert. Wir sehen uns als Patientenvertretung allerdings eher in der Aufgabe eines skeptischen Begleiters und Beobachters, der beim Thema Datensicherheit das Auge auf dem Patientenwohl hat, als in der Pflicht die ePA zu promoten. Gestellt wird die ePa vom Gesetzgeber im Verbund mit Krankenkassen und Behandelnden. Diese müssen auch für entsprechende Informationsangebote sorgen. Wir stellen aber natürlich weiterhin gern Neuigkeiten zum Thema zur Verfügung und beraten wohlwollend, wo wir Vorteile für das Patientenwohl sehen. Grundsätzlich halten wir dies bei der ePA für gegeben.
Arnfred Stoppok:
Die Warn-App kam zunächst ihrem Nutzen nicht wirklich nach und bot keinen Mehrwert. Dies wurde jedoch im weiteren Verlauf behoben, dennoch boten die Alternativen anderer Anbieter für bestimmte Funktionen (Zertifikaterfassung etc.) eine Zeitlang mehr. Die Warn-App hätte hier entweder immer das beste Produkt sein müssen, oder vom Gesetzgeber geschützt und als alleiniges offizielles Dokumentationsmittel gesetzt werden müssen. So entstand ein Flickenteppich an Apps, der viele Menschen von Beginn an überforderte.
Die ePA muss einfach in der Handhabung, vom Patienten mittels App oder Browser-Portal einfach, aber sicher, einsehbar sein und ihre Vorteile besser und verständlicher beworben werden. Vor allem sollte bei der Software zur Erfassung und Verarbeitung ein Standard definiert werden. Es darf kein Flickenteppich unterschiedlicher Software entstehen, der bei den Behandelnden dann wieder zu Problemen führt. Nur so lassen sich Schulungsinhalte zum Thema zentral und möglichst effektiv bereitstellen.
Arnfred Stoppok:
Ja, mindestens im EU-Raum mit seiner Freizügigkeit ist dies sowohl sinnvoll als auch denkbar. Selbst ein Öffnen der ePA für Behandelnde außerhalb der EU sollte den Versicherten möglich sein, um im Ausland in Notfällen bestmöglich versorgt zu sein.
Das Interview wurde am 19.04.2022 geführt.
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“Corona hat uns allen gezeigt, welchen Schaden mangelhafte Digitalisierung anrichtet.”
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute spricht Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH) mit Dirk Vennekold über das Thema “Die elektronische Patientenakte (ePA) – Erwartungen und Möglichkeiten?”
| Dirk Vennekold, Jahrgang 1967, leitet nach verschiedenen Stationen innerhalb des Unternehmens seit 10 Jahren die Landesvertretung Niedersachsen der DAK-Gesundheit. Er hat nach dem Abitur eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellten bei der DAK absolviert, anschließend Wirtschaftsinformatik studiert und sich später zum Gesundheitsökonom weitergebildet. Er lebt mit seiner Familie in der Region Hannover. | ![]() |
Dirk Vennekold:
Andere Länder sind uns weit voraus und zeigen uns, wie Digitalisierung im Gesundheitswesen funktioniert. Mit der Bereitstellung aller wichtigen technischen Komponenten ist der Grundstein für die ePA im Praxis- und Klinikalltag gelegt. Nun geht es darum, die elektronische Patientenakte mit Leben zu füllen, damit sie in naher Zukunft ein fester Bestandteil im medizinischen und pflegerischen Alltag wird. Immer mehr Ärztinnen und Ärzte werden anfangen, mit der elektronischen Patientenakte zu arbeiten. Ziel muss es sein, manuelle Prozesse auf Papier oder Fax in die digitale Welt zu überführen. Das erhöht die Transparenz sowohl für die Patientinnen und Patienten als auch für die Leistungserbringerseite. Wir erwarten dadurch eine schnellere Diagnostik und bessere Behandlungsmöglichkeiten sowie eine Vermeidung von Doppeluntersuchungen und Fehlmedikationen, wodurch Kosten reduziert werden können.
Dirk Vennekold:
Der Zeitplan für die sukzessive Erweiterung der Funktionen der ePA steht bis Mitte 2023 bereits fest. Im Laufe dieses und des nächsten Jahres wird damit der Nutzen der ePA in mehreren Stufen erhöht. Dieser Nutzen ist aber nur realisierbar, wenn alle Leistungserbringer an die Telematikinfrastruktur (TI) angeschlossen werden. Es hat sich gezeigt, dass dieser Prozess komplex ist und Probleme bereitet. Hier sehe ich eine größere Baustelle, die zunächst zu bearbeiten ist.
Mit der TI 2.0 und der Opt-Out-ePA hat die Gematik bereits ein Konzept vorgelegt, das im Jahr 2025 an den Start gehen und nicht mehr auf der aktuellen Version der ePA basieren soll. Auf den ersten Blick klingt das zunächst mal gut. Bei genauerer Betrachtung wird man dann wahrscheinlich feststellen, dass dadurch von jetzt an bis 2025 die Weiterentwicklung der Digitalisierung stillstehen wird, weil alle Akteure auf 2025 warten und nicht mehr in die alte TI investieren werden. Das könnte dazu beitragen, dass Deutschland wertvolle Zeit bei der Digitalisierung verlieren wird.
Dirk Vennekold:
Es ist verständlich, dass Behandler eine faire Vergütung für den Anschluss an die TI und die Befüllung der ePA erwarten. Das ist Sache der Vertragsparteien auf Bundesebene. Aus meiner Sicht wurden gute Ergebnisse gefunden. Incentives darüber hinaus halte ich nicht für notwendig. Wenn ich allerdings an die Misere mit den Konnektoren denke, wäre es vermutlich das beste Incentive für die Behandler, wenn man vorausschauender gehandelt hätte und diese Probleme gar nicht erst aufgetreten wären.
Für unsere Versicherten wird die ePA nicht die erste und einzige Anwendung auf dem Smartphone bleiben, die wichtige Funktionen übernehmen kann. Sie können schon heute ihre Kreditkarten zur Bezahlung im Smartphone hinterlegen, die öffentliche Verwaltung arbeitet am digitalen Führerschein und Personalausweis. Über kurz oder lang wird es eine Selbstverständlichkeit werden, sehr persönliche digitale Anwendungen z. B. auf dem Smartphone zu nutzen. Besondere Incentives halte ich darum nicht für erforderlich.
Dirk Vennekold:
Wir informieren unsere Versicherten über vielfältige Kanäle. Auf unserer Homepage im Internet haben wir zum Thema ePA viele Informationen bereitgestellt. Unsere Kundenberatung steht telefonisch, persönlich sowie per Chat und Mail für sämtliche Fragen rund um die ePA zur Verfügung. Auch in unserem regelmäßig erscheinenden Mitgliedermagazin haben wir bereits mehrere Artikel dem Thema ePA gewidmet. Alle Versicherten, die über eine aktive elektronische Gesundheitskarte (eGK) verfügen, können die ePA nutzen. Für Kinder bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres führen sorgeberechtigte Vertreter die ePA, für Pflegebedürftige führen rechtlich legitimierte Betreuer die ePA. Seit dem 20.12.2021 besteht die Möglichkeit, auch weitere Vertreter zur Führung der eigenen ePA zu berechtigen.
Dirk Vennekold:
Corona war und ist immer noch eine enorme Belastung für unsere Gesellschaft und unser Gesundheitswesen. Corona hat uns allen gezeigt, welchen Schaden mangelhafte Digitalisierung anrichtet. Wir haben bei der Kontaktnachverfolgung einen in Teilen überforderten öffentlichen Gesundheitsdienst erlebt. Wären wir bei der Digitalisierung bereits weiter gewesen und hätten die Daten nicht per Fax gemeldet und erfasst, sondern digital, hätte die Kontaktnachverfolgung ganz sicher viel reibungsloser funktioniert und viele Infektionen hätten vermieden werden können. Damit wäre in vielen Bereichen die Belastung des Gesundheitswesens nicht an kritische Grenzen gestoßen. Ich gehe sogar so weit zu behaupten, dass am Ende durch eine effektivere Kontaktnachverfolgung sogar Todesfälle zu vermeiden gewesen wären, weil es erst gar nicht zu einer Infektion gekommen wäre. Es wäre aus meiner Sicht fahrlässig, im analogen Zeitalter zu verharren. Corona wird sicher keine einmalige Erscheinung bleiben.
Dirk Vennekold:
Der Gesetzentwurf für den European Health Data Space liegt bereits vor. Die Datenschutzdebatte in Bezug auf die ePA soll damit europäisiert werden. Es wird spannend sein, die Debatten dazu und den Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens zu beobachten.
Das Interview wurde am 19.04.2022 geführt.
>>Gelangen Sie hier zu der Übersicht der Rubrik: Die Qualitätsinitiative fragt nach<<
Berücksichtigt werden Arbeiten zu den Themenbereichen Versorgungsforschung / Qualität & Patientensicherheit / Gesundheitsmanagement / Public Health / Gesundheitsökonomie / Pflegewissenschaften.
Vorrangig werden abgeschlossene Promotionen mit innovativen, patientenorientierten Ansätzen in Niedersachsen zur Verbesserung der Versorgungsqualität und Lebensqualität bewertet. Hiermit sollen inhaltlich richtungsweisende Konzepte für die Gesundheitsversorgung, die bis dahin noch keine andere Auszeichnung erhalten haben, gefördert werden.
Qualitätsinitiative – Niedersächsischer Verein zur Förderung der Qualität im Gesundheitswesen e. V.
c/o Ärztekammer Niedersachsen
Karl-Wiechert-Allee 18-22
30625 Hannover
E-Mail: info[at]qualitaetsinitiative.de
Der Promotionspreis wird einmal jährlich im Rahmen des “Tag der Qualitätsinitiative” verliehen. In diesem Jahr findet die Veranstaltung am 2. November 2022 in Hannover statt.
Für den Tag der Qualitätsinitiative 2022 können Sie sich bereits jetzt anmelden:
>>Klicken Sie hier, um sich für den Tag der Qualitätsinitiative 2022 anzumelden<<
Im Rahmen des „Tag der Qualitätsinitiative“ wurde im Jahr 2017 erstmalig der mit 2.000 Euro dotierte Promotionspreis vergeben. Zu den Gewinnern zählten im Jahr 2017 Frau Dr. Heike Raupach-Rosin und Herr Dr. Arne Duddeck mit Ihren Arbeiten zu den Themen „Die Versorgung und Lebensqualität MRSA-positiver Patientinnen und Patienten im ambulanten Sektor aus der Sicht von MRSA-Trägerinnen und -Trägern und von im Gesundheitswesen Beschäftigten“ und „Identifikation und Modifizierbarkeit von Problemen in der Indikationsstellung und Durchführung der Blutkulturdiagnostik bei Patienten mit Verdacht auf eine Blutstrominfektion“.
Im Jahr 2018 wurde der Preis an Frau Dr. Sinja Alexandra Ernst vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie (BIPS) in Bremen für ihre Doktorarbeit zu intrauterinen Wachstumsverzögerungen bei Feten verliehen.
Zu den Gewinnerinnen im Jahr 2019 zählten Frau Dr. Clara Christine Weiß für ihre Doktorarbeit über die Intensität postoperativer Schmerzen nach Bauchspiegelung in Abhängigkeit vom intraoperativen CO2-Druck sowie Frau Dr. Christine Knuth für Ihre Doktorarbeit zu sozioökonomischen Faktoren und Einflussfaktoren auf die Berufstätigkeit nach Lungentransplantation.
Die Qualitätsinitiative e. V. fördert in diesem Jahr die Jahresversammlung der Niedersächsischen Perinatalerhebung (NPE)
Das spannende Programm zu der Veranstaltung am 29. Oktober 2021 finden Sie hier:

Zielgruppe: Interessierte aus den niedersächsischen Frauen- und Kinderkliniken sowie anderen Bereichen des Gesundheitswesens
Termin: 29. Oktober 2021, 13:00 – 17:30 Uhr
Gebühr: Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung ist zwingend erforderlich.
Weitere Informationen sowie das Anmeldeformular zu der Veranstaltung finden Sie unter folgendem Link:
>>Klicken Sie hier um weitere Informationen zu der Veranstaltung zu erhalten (aekn.de)<<
“Veränderungen in der Krankenhausversorgung müssen zielgerichtet und planvoll erfolgen.”
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute spricht Kerstin Zuege (Novo Nordisk Pharma GmbH) mit Helge Engelke über das Thema “Klinikversorgung nach Corona – Wie geht es weiter?”
| Helge Engelke ist seit April 2014 Verbandsdirektor der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG), nachdem er seit 2000 die Funktion des stellvertretenden Geschäftsführers innehatte. Vorher war der studierte Wirtschaftswissenschaftler bei der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mehrere Jahre für den Bereich Krankenhausfinanzierung und -planung zuständig und hat dort die Einführung der damaligen Fallpauschalen und Sonderentgelte durch die BPflV 1995 begleitet. Sowohl auf Bundes- wie auf Landesebene wirkt er in zahlreichen Gremien der Selbstverwaltung (Vorstand/Präsidium der DKG/G-BA/verschiedene Schiedsgremien) mit. Bis März 2021 war er als benannter Experte in der Enquetekommission des niedersächsischen Landtags „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ aktiv. | ![]() |
Helge Engelke:
Die Krankenhäuser haben zur Bewältigung der Corona-Pandemie enorme Anstrengungen unternommen, um die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems aufrecht zu erhalten und weitere Kapazitäten zur Behandlung von intensivpflichtigen COVID-19-Patienten zu schaffen. Seitens der Krankenhäuser wurden großflächige räumliche Umstrukturierungen vorgenommen. Ursächlich dafür sind insbesondere die notwendigen zusätzlichen Hygieneanforderungen zum Infektionsschutz, die unter anderem eine getrennte Versorgung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten und die von Nicht-COVID-19-Patientinnen und -Patienten erforderlich werden ließ. Eine Rückkehr zum Krankenhausbetrieb wie vor der Pandemie wird es bis auf weiteres nicht geben können.
In der Pandemie ist deutlich geworden, dass regionale Absprachen zur Versorgung im Gesundheitswesen und insbesondere unter den stationären Leistungserbringern ein wichtiger Bestandteil des erfolgreichen Krisenmanagements waren. Dezentrale Strukturen sind der Schlüssel zur Bewältigung von derartigen Krisen und zur Gewährleistung flächendeckender Versorgung. Die zuweilen geforderte Schaffung großer Zentren zur alleinigen Versorgung von COVID-19-Patienten ist keinesfalls eine Lösung, da diese bei einer großen Anzahl an Erkrankten ebenfalls nicht über ausreichende Kapazitäten verfügen und die Praxis zeigt, dass eine dafür zwingend notwendige Patientensteuerung nur begrenzt möglich ist. Die Verteilung der Last auf viele Schultern war das Erfolgsrezept des vergangenen Jahres.
Viele Krankenhäuser haben aktiv an der Versorgung von COVID-19-Patientinnen und -Patienten teilgenommen. Kleinere Krankenhäuser und ihre Beschäftigten haben dabei ebenso unverzichtbare Arbeit geleistet, wie große Kliniken. Oft haben sie nicht nur direkt COVID-19-Kranke behandelt und die wohnortnahe Versorgung gesichert, sondern anderen Krankenhäusern mit ihren Kapazitäten den Rücken freigehalten. Eine Festlegung auf COVID-19-Krankenhäuser und Nicht-COVID-19-Krankenhäuser hat aus guten Gründen nicht stattgefunden, da sich im Pandemieverlauf das Patientenaufkommen nicht eingrenzen lässt.
Eine wichtige Lehre ist daher, dass dezentrale Strukturen bei der Krisenbewältigung und zur Gewährleistung flächendeckender Versorgung essentiell sind, da auf diese Weise das Risiko eines Zusammenbruchs der Krankenhausversorgung verringert werden kann.
Helge Engelke:
Der schrittweise Strukturwandel der Krankenhauslandschaft ist in Niedersachsen längst im Gange. Dabei wägt das Land Niedersachsen als Träger der Krankenhausplanung immer zwischen einer stärkeren Zentralisierung und Spezialisierung einerseits und der Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung andererseits ab.
In den vergangenen 15 Jahren sind in diesem Prozess pro Jahr zwei bis drei Krankenhäuser geschlossen und oft zu größeren Einheiten zusammengefasst worden. Es liegen zahlreiche Anträge von Krankenhäusern vor, die im Rahmen von Strukturanpassungen weitere Konzentrationen an neuen Standorten vorsehen. Allerdings klafft aktuell eine Lücke von 1 Mrd. Euro zwischen den als notwendig anerkannten Investitionen und den über den Strukturfonds bereitstehenden Mitteln.
Krankenhäuser gehen die sinnvollen und notwendigen Strukturveränderungen aktiv an und machen Vorschläge zur Optimierung der Versorgung. Veränderungen in der Krankenhausversorgung müssen zielgerichtet und planvoll erfolgen. Ein durch Mittelknappheit erzwungener kalter Strukturwandel durch die Hintertür verschlechtert die Situation vor Ort und insgesamt im Land.
Helge Engelke:
Niedersachsen ist ein Flächenland. Die Versorgung durch Krankenhäuser muss daher sowohl Aspekten der Erreichbarkeit als auch einer Konzentration auf spezielle Leistungen Rechnung tragen. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass eine flächendeckende Versorgung einen wesentlichen Aspekt der Versorgungsqualität darstellt. Es wurde zu Recht auf ein flächendeckendes wohnortnahes Versorgungsangebot gesetzt. Durch eine Verteilung der Versorgung auf mehrere Schultern (Versorgungsstufen und Trägerschaft) gelang eine Risikostreuung und eine Robustheit der Versorgung. Das beweist, dass eine gute Krankenhausstruktur durch Trägervielfalt und Krankenhäuser verschiedener Größenklassen geprägt wird. Künftig soll die gestufte Versorgungsstruktur in Niedersachsen geschärft und weiterentwickelt werden. Angestrebt hierbei wird eine abgestimmte Versorgungsplanung von Krankenhäusern und regionalen Versorgungszentren durch den Krankenhausplanungsausschuss unter Berücksichtigung der ambulanten Bedarfsplanung.
Helge Engelke:
Mit dem System IVENA, welches maßgeblich in Niedersachsen entwickelt und flächendeckend eingeführt wurde, war es von Beginn der Pandemie an möglich, alle wichtigen Informationen bezüglich der Krankenhausversorgung systematisch erheben und verarbeiten zu können. Parallelerhebungen über das DIVI haben eher zu Doppelaufwand und Abstimmungsproblemen geführt. Ob und wie hier weitere Informationskanäle und Erhebungsinstrumente notwendig und sinnvoll sind, wird sich erst noch zeigen. Datenerhebung darf jedenfalls nicht zum Selbstzweck werden.
Helge Engelke:
Die Digitalisierung bietet für Krankenhäuser und Patienten den Vorteil, dass die Kommunikation und viele Abläufe beschleunigt, vereinfacht und besser organisiert werden können. Die Digitalisierung ermöglicht so mehr Zeit für Zuwendung. Auch mit niedergelassenen Haus- und Fachärzten, Therapeuten und anderen Krankenhäusern können Informationen leichter ausgetauscht werden. Patienten profitieren davon, dass auf diese Weise zum Beispiel Doppeluntersuchungen vermieden werden. Eine weitere große Chance für ein Flächenland wie Niedersachsen ist die Telemedizin, die das Versorgungsangebot verbessern kann.
Die digitale Erfassung von Grund- und Abrechnungsdaten der Patienten im sogenannten Krankenhausinformationssystem ist mittlerweile in allen Krankenhäusern Standard und verbindlich vorgeschrieben. Immer mehr Krankenhäuser führen ergänzend digitale Patientenakten ein, die sämtliche Behandlungsdaten enthalten. Dadurch werden auch die Beschäftigten entlastet. Medizinische Geräte sind ebenfalls zunehmend miteinander vernetzt und Untersuchungsergebnisse wie Laborbefunde oder Röntgenbilder werden digital zur Verfügung gestellt. Gesundheitsdaten gehören jedoch zu den sensibelsten Daten überhaupt. Jedes Krankenhaus muss daher größtmöglichen Schutz für seine Daten und das IT-System vor Manipulation und Datenraub gewährleisten.
Zusätzliche Ressourcen für die Digitalisierung werden bisher allerdings weder in der regulären Investitionsförderung des Landes Niedersachsen noch in den Fallpauschalen, mit denen die Krankenhäuser von den Krankenkassen vergütet werden, berücksichtigt. Dringend notwendige Mittel für IT-Systeme und IT-Sicherheit müssen daher derzeit durch Einsparungen aus dem laufenden Betrieb aufgebracht werden. Der Bedarf zusätzlicher Mittel für Digitalisierung und IT-Sicherheit im Krankenhaus ist von der Politik noch nicht ausreichend anerkannt. Hier herrscht ein erheblicher Nachholbedarf.
Helge Engelke:
Die Corona-Pandemie hat die Schwächen des derzeitigen Finanzierungssystems sehr deutlich hervortreten lassen. Die aufwandsorientierte Pauschalvergütung der Behandlung kann die Kosten der Kliniken nicht decken. Eine Reform des Finanzierungssystems für Krankenhäuser ist unumgänglich. Entscheidend wird es sein, die Vorhalte- und Reservekosten in der Finanzierung in Zukunft in ausreichendem Maße zu berücksichtigen. Die Daseinsvorsorge muss jederzeit sichergestellt sein – insbesondere in Krisenzeiten.
Durch die umfassende Absage und Verschiebung von nicht dringend medizinisch notwendigen Behandlungen infolge der Pandemie standen und stehen die Krankenhäuser vor erheblichen finanziellen Problemen. Insgesamt sind die Fallzahlen im Januar 2021 im Vergleich zu Januar 2020 bundesweit um rund 20 % zurückgegangen, wodurch die Einnahmen der Kliniken in erheblichem Umfang weggebrochen, die Kosten aber geblieben oder sogar angestiegen sind. Weiterhin ist aufgrund der zusätzlichen Hygieneanforderungen mit erhöhten Corona-bedingten Betriebskosten zu rechnen.
In mehr als 70 % der Krankenhäuser hat sich die wirtschaftliche Situation im Vergleich zum Vorjahr verschlechtert. Ob der COVID-Rettungsschirm die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die Kliniken ausreichend auffangen kann, wird sich erst Ende 2021 zeigen. Fest steht: Die Krise ist noch nicht vorbei. Die Krankenhäuser stehen weiterhin vor der Herausforderung, die Pandemiefolgen bewältigen zu müssen. Auch künftig ist mit durch Corona verursachten Defiziten zu rechnen.
Als Konsequenz aus der Pandemie muss die Flexibilität des Vergütungssystems dringend erhöht werden. Starre Vergütungsregeln anhand der Inanspruchnahme, wie es das DRG-System bisher vorsieht, verursachen bei außergewöhnlichen Belegungsänderungen wie Leerstand oder massiver Überbelegung erhebliche Verluste. Künftig sind intelligentere Lösungen notwendig.
Losgelöst von der Pandemie sind die Krankenhäuser in Niedersachsen aufgrund der ungenügenden Investitionsfinanzierung seitens des Landes gezwungen, immer höhere Einsparungen vorzunehmen. Doch die Einspargrenzen sind vielfach bereits erreicht. Anhaltende Verluste führen dazu, dass Krankenhäuser ihren Betrieb einstellen müssen. Denn kein Träger, ob öffentlich, freigemeinnützig oder privat, kann dauerhaft Defizite der Krankenhäuser auffangen.
Helge Engelke:
Wichtig ist aus meiner Sicht ein Perspektivwechsel: Die Ausgaben für Krankenhäuser sind keine „unnötigen“ oder „ungerechtfertigten“ Kosten. Sie ermöglichen vielmehr erst die qualitativ hochwertige medizinische Versorgung der Menschen in Niedersachsen. Auch eine Abkehr von der immer stärker werdenden Bürokratie und Misstrauenskultur ist zwingend notwendig. Neben der Zeitverschwendung des ohnehin schon stark belasteten Personals signalisieren die immer kleinteiliger werdenden Rechtfertigungs-Dokumentationen eine Haltung gegenüber den Menschen, die sich tagtäglich für Patientinnen und Patienten einsetzen, die nicht mehr akzeptabel ist. Die Politik und alle beteiligten Akteure sollten sich gemeinsam zur ihrer Verantwortung für die Krankenhäuser als unverzichtbarer Bestandteil der Daseinsvorsorge, als elementarer Standortfaktor der regionalen Wirtschaft sowie als Keimzelle der Gesundheitswirtschaft Niedersachsens bekennen.
Die Krankenhäuser in Niedersachsen werden sich auch in Zukunft einer gut erreichbaren, flächendeckenden medizinischen Versorgung in hoher Qualität verpflichtet fühlen. Damit dies gelingen kann, sind jedoch faire Rahmenbedingungen notwendig. Die in der Pandemie gewachsene Wertschätzung für die Mitarbeitenden im Krankenhaus muss nachhaltig werden. Dafür müssen unter anderem die Arbeitsbedingungen in den Kliniken verbessert und die Nachwuchsgewinnung gefördert werden.
Das Interview wurde am 09.06.2021 geführt.
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“Wir brauchen regionale Versorgungstrukturen, die nachhaltig und qualitativ hochwertig sind.”
Die Interview-Reihe „Die Qualitätsinitiative fragt nach – Gesundheitsversorgung im Fokus“ ist eine regelmäßig erscheinende Rubrik, die Hintergrundinformationen zu aktuellen regionalen und überregionalen gesundheits- und arzneimittelpolitischen Themen liefert. Die Themen werden aus der Sicht verschiedener Entscheider*innen im niedersächsischen Gesundheitswesen beleuchtet.
Heute sprechen Dr. Monika Övermöhle (UCB Pharma GmbH), Dr. Christiane Look (AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG) und Arne Kuckat (Grünenthal GmbH) mit Dirk Engelmann über das Thema “Klinikversorgung nach Corona – Wie geht es weiter?”
| Dirk Engelmann ist seit November 2020 neuer Leiter der TK-Landesvertretung in Niedersachsen. Davor hat der studierte Politikwissenschaftler seit 2014 den Stab der Hamburgischen Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks geleitet. Durch diese Funktion ist er mit einem breiten Spektrum von gesundheitspolitischen Themen auf Bundes- und Landesebene vertraut und war an allen gesundheitspolitischen Reformen seit dieser Zeit mitbefasst, da Hamburg eine Koordinationsfunktion im Bundesrat eingenommen hat. In der Gesundheitspolitik ist Dirk Engelmann seit 2005 beheimatet, vor der Hamburger Station auf Bundesebene in Berlin und hat sich seitdem immer wieder auch mit Fragen der Digitalisierung auseinandergesetzt. | ![]() |
Dirk Engelmann:
Bei der Behandlung der mit Corona infizierten Patienten haben sich verschiedene Versorgungsstufen etabliert. Bei den Maximalversorgern werden die besonders schweren Corona Fälle behandelt und Kliniken der Fachversorgung oder Grundversorgung werden die Corona Fälle aufgenommen, die mit den dort zur Verfügung stehenden Mitteln gut versorgt werden können. Damit wird hohe Qualität im Behandlungsprozess gewährleistet.
In Zukunft sollte der Kliniksektor sich konsequent an Versorgungstufen ausrichten, so wie es die Enquete-Kommission vorgeschlagen hat. Die Corona-Erfahrungen können dabei helfen. Insgesamt müssen wir die Versorgung stärker am Bedarf ausrichten, der sich aus der Morbidität und der regionalen Bevölkerungsentwicklung sowie dem medizinischen Fortschritt und natürlich der Digitalisierung ergibt. Im Moment haben wir eine Ist-Fortschreibung in der Krankenhausplanung. Daraus erwachsen Fragen die die Wirtschaftlichkeit einzelner Häuser, die sinnvolle Steuerung von Investitionen aber auch den Personaleinsatz berühren. Wir brauchen regionale Versorgungstrukturen, die nachhaltig und qualitativ hochwertig sind.
Dirk Engelmann:
In Niedersachsen kommen derzeit aus dem Kliniksektor selbst Fusions- und Neubauprojekte. Dies zeigt, dass der stationäre Sektor im Umbruch ist. Diesen Prozess muss man mit den Akteuren und Betroffenen sensibel und klug gestalten. Am Ende darf die Frage nicht isoliert JA oder NEIN bzgl. Standortschließung lauten, sondern im Kern muss das Ziel einer regional tragfähigen und nachhaltigen Versorgungsstruktur für die Patientinnen und Patienten stehen. Das kann mit Fusionen, Neubauprojekten, regionalen Gesundheitszentren u.v.m. erreicht werden. Auch hier hat die Enquete-Kommission ein gutes Instrumentarium vorgeschlagen.
Dirk Engelmann:
Kurz und knapp: Bedarfs- und patientenorientiert, sektorenübergreifend und digital. Bei allem muss Qualität immer der wichtigste Maßstab sein und in einem Flächenland ist Erreichbarkeit ein wichtiges Kriterium.
Dirk Engelmann:
Das kommt immer darauf an über was man spricht. Für die Notfallversorgung gibt es klare Vorgaben. Die stationäre Regelversorgung muss regional erreichbar sein. Für spezialisierte Behandlungen und elektive Leistungen können für gute Qualität längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden. Im Übrigen tun das viele Patientinnen und Patienten schon heute. Und nicht zu vergessen: Die Nutzung telemedizinischer Anwendungen bringt medizinische Leistungen in einem viel breiteren Spektrum in Wohnortnähe. Ein großer Vorteil der Digitalisierung.
Dirk Engelmann:
Die Kommunikation wird sich digitalisieren. Die Zeit, in der mit hergebrachten analogen Mitteln kommuniziert werden muss, sollte mehr und mehr der Vergangenheit angehören. Die elektronische Patientenakte, die die TK vorangebracht und erfolgreich eingeführt hat, bietet eine sehr gute Plattform für die Kommunikation im Gesundheitssystem. Ebenso das eRezept oder Telemedizin.
Ich verstehe, dass das für viele Leistungserbringende eine neue Kultur und auch ein neuer herausfordernder Alltag in den Einrichtungen bedeutet. Daher ist das eine gemeinsame Aufgabe. Wir müssen die Vorteile der Digitalisierung in den Blick rücken. Aber ganz ohne Aufwand und Investitionen kommt man nicht in das digitale Zeitalter. Praktisch sehen wir aber auch gerade in der Corona-Pandemie, wie groß der Bedarf an digitalen Möglichkeiten ist: Dass Videosprechstunden boomen, ist doch ein wichtiges positives Signal und von gegenseitigem Nutzen für alle.
Dirk Engelmann:
Auf jeden Fall. Zunehmend nutzen viele Versicherte digitale Gesundheitsanwendungen, die sie beim Erhalt oder der Wiedererlangung von Gesundheit unterstützen. Das kann Compliance und Behandlungserfolg stützen. Viele Medizinerinnen und Mediziner erzielen mit der Nutzung zunehmend tolle Erfolge. Als TK haben wir z.B. geholfen, die App Herodikos zu etablieren. Herodikos hilft bei der Behandlung von Rücken und Gelenkschmerzen, die in der Praxis gut läuft. Ein sehr konkreter Nutzen.
Die digitale Versorgung läuft aber auch zum Teil im Hintergrund, d.h. bei einem Schlaganfall kann sich das Krankenhaus vor Ort mit einem Expertenzentrum vernetzen. Die Experten können auf Basis der CT-Bilder eine Therapieentscheidung unterstützen und damit die Versorgung vor Ort für den Patienten verbessern. Hierbei gibt es bereits mehrere gute Beispiele, wo dies in Niedersachsen erfolgreich angewendet wird.
Dirk Engelmann:
Ich würde auch hier auf die Enquete Kommission verweisen, die dazu Aussagen macht. Zunächst gibt es IVENA , das Online-System über die Notfallkapazitäten. Darüber können Belegungen gesteuert werden. Das Leitziel muss aber eine gute Pflegepersonalausstattung sein, mit der Belastungsspitzen abgepuffert werden können. Die Attraktivität des Pflegeberufs kann und sollte weiter verbessert werden. Hierzu ist in den letzten Jahren viel geschehen. Entscheidend kann auch hier sein, ob wir lokal die passenden Versorgungsstrukturen vorhalten, um Pflegepersonal dort eine attraktive Beschäftigung zu bieten.
Dirk Engelmann:
Es wird eine Klinikfinanzierungs-Diskussion geben müssen und als TK steht hierbei im Vordergrund, im Kern am DRG System festzuhalten. Aber das sollte um eine Finanzierung der Vorhaltung ergänzt werden. Unser aktuelles Finanzierungssystem ist zu sehr auf Fallzahlmaximierung ausgelegt, wodurch es zwangsläufig zu Personalengpässen kommt.
Vorhaltestrukturen sind Strukturen, die auch außerhalb der wettbewerblichen Betriebskostenfinanzierung da sein müssen. So kommen wir aber wieder in den Krankenhaus planerischen Bereich.
Man benötigt ein gemeinsames Verständnis mit Klinikbetreibern und den Planungsbehörden, um sich darauf zu verständigen was dann notwendig sein wird vorzuhalten. Und da wird es schon schwierig.
Wichtig wäre zusätzlich die Qualität besonders zu vergüten, z. B. eine zusätzliche Vergütung über Qualitätsindikatoren wie Struktur- und Prozessqualität (Standard-DRGs und Qualitäts-DRGs). So könnte ein Maximum für unsere Versicherten generiert werden.
Das sind die drei Bausteine, wie aus TK-Sicht das Klinikfinanzierungssystem grundlegend fortentwickelt werden könnte.
Nicht zu vergessen: Die Länder sollten ihrer Investitionskostenverpflichtung nachkommen. Nur so wird eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung gelingen. Auch dafür ist allerdings in Niedersachsen eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung Voraussetzung, um Investitionen zielgerichtet zu steuern.
Dirk Engelmann:
Das kann ich in einem Satz beantworten: Mut zur gesetzgeberischen Umsetzung der Maßnahmen, die die Enquete Kommission vorgeschlagen hat.
Das Interview wurde am 16.02.2021 geführt.
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